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Allgemein Artikel und Essays Der tägliche Wahnsinn

Lächerlich

1)    Wie soll man solche Menschen charakterisieren? Eine weiße amerikanische Familie hat ein eigenes Lied geschrieben („Keep America Great“) und verkündet allen Ernstes Trump bete jeden Tag für Amerika und versöhne das gespaltene Land durch die Bewahrung von Gott, Waffen und Freiheit, und er biete jedem die Chance sozial aufzusteigen. Das glückselig lächelnde Töchterchen gibt ein erschütterndes Beispiel weltfremder Tumbheit: „Wenn Menschen hart arbeiten und ohne Sozialhilfe klarkommen, empfinden sie Würde, dann brauchen sie nicht die Regierung wie eine Mutter.“ (Zu sehen und hören im ARD Weltspiegel, 21.6.20)

Was diese Menschen offensichtlich nicht brauchen, ist Realitätssinn und Bildung. Sie jubeln lieber begeistert einem Mann zu, der das einzige macht, was er wirklich gut kann: beleidigen, herunterputzen, drohen, ignorieren, lügen und sich selbst beweihräuchern. Immerhin blieb der von Trump in typischer Selbstüberschätzung angekündigte Massenauflauf aus. Die teilweise leeren Ränge bezeichnete er hinterher als – na was wohl, fake news. Aber man sollte ihm keinen Vorwurf daraus machen. Ihm sind die leeren Stühle sicher gar nicht aufgefallen. Seine Ankündigung die hohe Zahl an Covid-19 Infektionen zu bekämpfen, indem er die Zahl der Tests reduzieren werde, wurde vom Weißen Haus hinterher als Versuch bezeichnet einen Witz zu machen. Können diese Leute eigentlich noch in den Spiegel gucken, ohne dass ihnen schlecht wird? Gelacht wurde jedenfalls nur über diese Pressemitteilung.

2)    Herr Tönnies gibt sich reumütig und verantwortungsbewusst. Tönnies? Verantwortungsbewusst??? Er, der doch so stolz darauf ist, Deutschland mit Billig-Fleisch zu versorgen, und der die Ausbeutungsstrukturen und katastrophalen Arbeitsbedingungen selbst geschaffen hat? Der Mann, der noch vor kurzem vehement die Subunternehmer-Masche verteidigt hatte und lediglich beim „schwarzen Schaf“ Westfleisch ein Problem entdeckt hatte? Dem Mann ist der Arsch ins Schweineblut gefallen und jetzt versucht er zu retten, was zu retten ist.

Und Laschet? Nachdem er zunächst Bulgaren und Rumänen zu Schuldigen erklärte, hält er sich jetzt raus und schickt Laumann vor. Der will nun, urplötzlich ungemein tatfreudig, nachdem man jahrelang den Skandal einfach ignoriert hat, einen wie er meint harten Kurs fahren und den Saustall (!) ausmisten. Genau das ist aber nicht zu erwarten, denn es geht bisher lediglich um die Verantwortung für die Unterbringung und vielleicht auch die Bezahlung durch Subunternehmer. Am grundlegenden Problem der Fleischproduktion wird das nichts ändern. Von carnivoren Verbrauchern, denen Quantität vor Qualität geht, ist nichts zu erwarten (https://www.myview-wolfgangmebs.de/massenmenschhaltung/). Ihnen ist nach wie vor das tägliche billige Stück Fleischfaser auf Teller und Brötchen wichtiger als würdiger Umgang mit Arbeitern und Tieren. Sie stören sich ja nicht mal an dem ganz persönlichen Preis, den sie dafür zahlen, dass sie täglich Betablocker, Antibiotika und Stresshormone in sich stopfen.

Freiwilligkeit und Umdenken kann man vergessen. Es helfen leider mal wieder nur gesetzliche Vorschriften, die zu einer kompletten Neuordnung von der Tierhaltung bis zur Preisgestaltung führen. Alles andere wäre lachhafte Beschwichtigung – bis zum nächsten Skandal.

3)    Laut dem innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Blenke (und einigen anderen, z.B. aus der Deutschen Polizeigewerkschaft) ist Frau Esken, SPD, mitverantwortlich für die Ausschreitungen am Sonntag in Stuttgart. Soso, wer im Zusammenhang mit den Demonstrationen in den USA darauf verweist, dass man auch bei uns gegen Rechtsextremismus und Rassismus in Sicherheitsbehörden vorgehen muss, wenn es wirklich Einzelfälle bleiben sollen, ist nachträglich Schuld an der seit längerem zunehmenden Respektlosigkeit gegenüber Polizeibeamten (übrigens genauso wie gegenüber Feuerwehrleuten und Rettungskräften!). Wer sagt, Frau Esken müsse Verantwortung übernehmen für die Randale in Stuttgart, für eine in einer Art Massenhysterie außer Kontrolle geratene angesoffene, testosteronvernebelte Meute, für einen Vorfall, der aber auch gar nichts zu tun hat mit Rassismus, der macht keinen angemessenen Beitrag, sondern bestätigt, dass ihm Wahlkampf und trübfunzeliger Korpsgeist wichtiger sind als eine ernst zu nehmende Diskussion über NSU-Ermittlungen, Nordkreuz, ethnisches Profiling und ausländerfeindliche Chats.

4)    Meuthen: ein Sieger, der eine Niederlage einstecken muss. Das Berliner Landgericht erklärt den Ausschluss von Andreas Kalbitz aus der AfD für unzulässig. Nun hat sich zwar der Bundeskonvent hinter ihn gestellt, aber Gauland und Höcke schießen weiter gegen ihn, und Kalbitz strahlt. Die AfD, eine Partei, der es beim Spagat zwischen bürgerlichem Schein und rechtsradikalem Sein den Schritt zerreißt.

Wenn das alles nicht so traurig wäre, könnte man bei jeder Nachrichten lauthals lachen.

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