Den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag konnte Amerika noch nie leiden. Schon George W. Bush erklärte, dass man jeden Amerikaner, der vor diesem Gericht angeklagt würde, sofort militärisch befreien würde. Nun betrachtet Trump den Internationalen Strafgerichtshof gar als eine „außerordentliche Bedrohung“ der nationalen Sicherheit der USA1. Es ist vor allem eine Frau, die die gesamten Vereinigten Staaten in ihrer Existenz gefährdet, die gambische Chefanklägerin des Gerichts, Fatou Bensouda, die eine Untersuchung zu Kriegsverbrechen amerikanischer Streitkräfte und des CIA in Afghanistan einleitete. Nun droht US-Regierung mit persönlichen Sanktionen für alle, die sich an der Untersuchung beteiligen, wie Einreiseverbote für die gesamte Familie (Sippenhaft gehörte ja schon immer zu den anerkannten Methoden demokratischer Regierungskunst), Verbot von Geschäftstätigkeit (inklusive der Gehaltszahlungen!) und Beschlagnahmung von Vermögen. Und das könnte alle an den Untersuchungen Beteiligte betreffen, d.h. auch Menschenrechtsaktivisten oder Nicht-Regierungsorganisationen! Das gleiche gilt übrigens für Untersuchungen gegen Israel. Der Gipfel der Unverschämtheit ist der Vorwurf der Korruption. Na klar, wer gegen die glorreichsten Soldaten und eine der tolerantesten und demokratischsten Geheimdienste der Welt ermittelt, muss korrupt sein. Fehlt nur noch der Hinweis, dass Frau Bensouda von Hillary Clinton bezahlt wird und deren geheimen Kinderschänderring angehört und für Corona verantwortlich ist. Auf der Pressekonferenz, auf der all das angekündigt wurde, war man übrigens nicht bereit auch nur eine einzige Frage der verblüfften Journalisten zu beantworten. Noch Fragen?
Und das alles ist laut Generalstaatsanwalt William Barr erst der Anfang einer Kampagne gegen den die Souveränität der USA verletzenden IStGH, den Außenminister Mike Pompeo auch noch als „Kanguruh-Gericht“ verunglimpfte. Das sagen Politiker eines Landes, das seit Beginn seiner Existenz permanent die Souveränität anderer Länder verletzt!
Verteidigungsminister Mark Esper wies auch noch darauf hin, dass es des IStGH gar nicht bedürfe, da man schließlich jedes Fehlverhalten amerikanischer Bürger in gebührender Form durch eigene Gerichte sanktionieren würde. Wie wir wissen, betrachtet der CIA, die meisten Republikaner und fast alle US-Regierungen Folter, wie etwa Waterboarding, als legitime Verhörmethode, und das wird in gebührender Form gewürdigt. So gebührend sanktioniert wie beispielsweise Lynndie England, die durch die menschenverachtenden Misshandlungen und Folterfotos in Abu-Ghraib bekannt wurde, auf denen sie nackte Gefangene auf allen Vieren kriechend an der Hundeleine spazieren führt, oder auf denen nackte Gefangene sich zu einem Haufen aufeinanderlegen müssen, der an Leichenberge in KZs erinnert. Sie wurde zu drei Jahren Haft verurteilt und kam nach exakt 521 Tagen wieder auf freien Fuß. (In einem späteren Interview erklärt sie nur ihre „Pflicht getan“ zu haben und brüstete sich sogar damit noch weitere 800 Fotos zu besitzen.2) Nur der Rädelsführer Charles Graner musste sechseinhalb Jahre sitzen. Die meisten Beteiligten bekamen 6-8 Monate Haft und wurden degradiert. Einige wurden gar nicht verurteilt. Völlig angemessen.
Zurück zum IStGH. Man rufe sich die Aufgabe des Gerichts in Erinnerung: die Ahndung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. In den Augen der Trump-Administration ist dies also gleich bedrohlich für US-Bürger wie Al Quaida, und Fatou Bensouda steht auf einer Stufe mit Osama bin Laden. Gefahr für Amerika? Verletzung der Souveränität? Das ist einfach nur lächerlich und nichts weiter als die übliche Scheinheiligkeit von US-Regierungen und das leidlich bekannte amerikanische Übernationengehabe (https://www.myview-wolfgangmebs.de/the-times-they-are-a-changing).
Übrigens: der Gründungsvertrag bezeichnet die Einschüchterung von Bediensteten des IStGH, und den Versuch sie daran zu hindern ihre Pflichten zu erfüllen, selbst als Straftat im Sinne des internationalen Rechts. Aber Letzteres hat in diesem Land noch nie eine größere Rolle gespielt als der sprichwörtliche Sack Reis. Die ganze Aktion beweist einfach nur einmal mehr: die USA waren und bleiben ein autistisches und narzisstisches Kind – und haben im Moment in dieser Hinsicht den adäquaten Präsidenten.
https://www.theguardian.com/us-news/2020/jun/11/trump-icc-us-war-crimes-investigation-sanctions
https://edition.cnn.com/2020/06/11/politics/icc-executive-order/index.html