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Cancel Cancel Culture II

Neues vom Kulturkampf (s.a.: https://www.myview-wolfgangmebs.de/cancel-cancel-culture/)

1)

Nach den massiven Angriffen auf Marieke Lucas Rijneveld hat sie sich ja bereits aus dem Übersetzungsprojekt zurückgezogen. Amanda Gorman erklärte übrigens, dass sie von genau dieser Dichterin ins Niederländische übersetzt werden wolle. Aber was interessiert das die selbsternannten Wächter politischer und identitärer Korrektheit.

Dem katalanischen Übersetzer Victor Obiols ist jetzt Ähnliches geschehen. Nachdem er im Auftrag eines Verlages in Barcelona The Hill We Climb übersetzt hatte, wurde ihm urplötzlich der Auftrag entzogen, da er „das falsche Profil“ habe. Man suche vorzugsweise „eine junge, aktivistische und schwarze Frau.” Was wohl bedeutet, dass es vorläufig keine Übersetzung ins Katalanische geben wird. Mir ist jedenfalls bisher nicht aufgefallen, dass solche Frauen, die auch noch dichterische Fähigkeiten besitzen, zahlreich in Katalonien ansässig sind.

2)

Der Fußball-Reporter Jörg Dahlmann ist seinen Job los. Sein Spruch, er habe nichts gegen eine „Kuschelnacht“ mit Sophia Thomalla – ein Satz, der gut in eine Altherrenrunde nach dem zehnten Gedeck passt – hatte bereits einen Shitstorm ausgelöst. Das ließ ihm der Sender (Sky) noch durchgehen. Das Fass zum Überlaufen brachte nun allerdings eine Aussage, die wirklich alles Vorherige in den tiefstdüsteren Schatten plumpester Vorurteile und chauvinistischen Denkens stellt: Den letzten Treffer habe Sei Muroya „im Land der Sushis“ erzielt! Das muss man sich mal vorstellen!! Empörung allenthalben!!! Das Netz tobte: ekelhaft, rassistisch, unerhört, inakzeptabel!!!!!!

Ach, wirklich? Weil er, statt das Land direkt zu benennen, eine Umschreibung verwendet, die auf eine Landesspezialität zurückgreift? Das ist Rassismus? Hier fängt es an und beim Ku-Klux-Klan endet es? Aufgepasst, ihr Poeten, Journalisten und Kabarettisten. Ab sofort ist jede Umschreibung, jede Metapher, die landestypische Elemente oder Klischees enthält, verboten und führt zum Verlust des Arbeitsplatzes und zu Publikations- und Auftrittsverbot, wenn es nach den am lautesten schreienden Netzaktivisten geht. Griechenland – das Land der Olivenbäume? Geht gar nicht. Witze über geizige Schotten? Noch weniger. Das Lied von den Caprifischern? Ins Feuer damit!

Übrigens gibt es auch Restaurants, die so heißen. „Land of Sushi.“ Das ist doch skandalös! Ich denke, die müssen jetzt aber sofort geschlossen werden. Solche Formen des offenen Rassismus kann man nun wirklich nicht dulden.

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4 Antworten auf „Cancel Cancel Culture II“

Kommt drauf an. Da rauchen einige Leute wohl das falsche Zeug. Es soll ja Pflanzen geben, die zu einer deutlich entspannteren Haltung führen.

Ganz richtig, immer feste druff und schließen und verbieten. Zum Beispiel: Das Land der Dichter und Denker – schwer diskriminierend… für alle Dichter und Denker jedenfalls.
Dies schreibt D. aus dem Land der leckeren Bratkartoffeln!

Und wie soll sich jetzt die Pellkartoffel fühlen?! Oder die ohnehin schon ständig unter-drückte Stampfkartoffel? Aber das kannst du natürlich nicht nachvollziehen. Deshalb ist schon dein letzter Satz identitätsmäßige Anmaßung. Oder warst du in einem früheren Leben schon Mal Bratkartoffel?

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