27.9.21 Von Andreer nach Zernez
Gestern Abend gönnte ich mir eine Hirschbratwurst mit Spätzlerösti, Blaukraut, Maronen und Rosenkohl. Einfach köstli.
Außerdem hatte ich die Hoffnung, im Hotelrestaurant auch vernünftiges Internet zu haben, um die Wahlergebnisse live mitzubekommen. Auf dem Campingplatz lief nämlich gar nichts. Aber weit gefehlt. Die Kellnerin zuckte mit den Schultern und meinte nur, das würden sie hier kennen. Mal geht’s, mal nicht. „Wir sind hier auf dem Dorf. Da geht alles langsamer.“
Mit viel Geduld und zeitversetzt habe ich dann die überwiegend traurige Wahrheit erfahren. Die Deutschen sind und bleiben Persilwähler. Siehe:
https://www.myview-wolfgangmebs.de/persilwaehler/
Und heute ging es dann in den Schweizer Nationalpark. Egal, wo man hinkommt, die Schweiz ist voller Bilderbuchlandschaften. Von Andreer über Cunter, …
… die kargen Höhen des Julierpasses auf 2284 m, …
… ins Engadin und das Inntal, …
… bis zu meinem neuen Frühstücksberg in Zernez.
(= Nationalparkzentrum: https://www.google.com/maps/place/Zernez )
Mal wieder ein wunderschön gelegener Platz auf fast 1.500 m, direkt am Inn. Plätze zu finden geht in dieser Jahreszeit ganz entspannt. Es gab bisher immer genug Plätze zur freien Auswahl; der Betrieb ist zusätzlich ruhig, da die meisten Dauerkämper schon nicht mehr hier sind.
Ähnlich relaxed ist die Fahrerei. Ich bin erstaunt, wie wenig auf den Straßen los ist (sieht in der Hauptsaison sicher deutlich anders aus), vor allem, wenn man die Pässe rauf und runter kurbelt. Ich kann mir Zeit nehmen, ohne dauernd jemandem im Weg zu sein und bei der Panoramasicht des Wohnmobils die Landschaft genießen. Und Serpentinen haben ja den Vorteil, dass sich die Aussicht ständig ändert.
Und schon bin ich mit einer zunächst sehr freundlichen Dame im Gespräch. Tessinerin. Ihr Mann spricht nur italienisch und konnte sich nicht beteiligen. Ob er das allerdings gewollt hätte? Er ging jedenfalls nach ein paar Minuten spülen. Vielleicht hat er aber auch durchaus alles verstanden und wusste, was kommt.
Die beiden haben einen Camper wie ich und reisen mit drei Hunden in der Größe junger Kälber. Ehemalige Rettungshunde, wie sie mir erklärt. Und selbst ausgebildet. Sie arbeitet nämlich für den Schweizer Rettungsdienst. So weit so nett.
Dann fragte sie mich, was ich von „dieser Covid-Geschichte“ halte, und ob ich mich hätte impfen lassen. Als ich bejahe, entfährt ihr ein „Oh Gott“, mit der Hand schreckhaft vor dem Mund. „Das haben Sie wirklich gemacht?“ Als ich bejahe: „Und? Da müssen Sie doch schreckliche Nebenwirkungen gehabt haben.“ Als ich verneine: „Na, die können ja noch kommen!“ Um mir die ganze Dramatik vor Augen zu führen, fügte sie hinzu: „Wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen bereits an der Impfung gestorben sind? Das wird ja immer verschwiegen …“ Ich versuchte gar nicht erst sie zu bremsen.
Kurz, sie entpuppte sich als eine von denen, die nicht an eine Pandemie glauben – „harmloser als eine Grippe“ – und fest überzeugt sind, dass der ganz tiefe Staat dahinter steckt. Deshalb fährt sie auch nicht mehr nach Deutschland. Das ist jetzt eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: die einen dürfen alles mit ihrem Pass und die anderen sind die Aussätzigen. Hier und da versuchte ich zaghaft etwas zu erwidern, aber als deutlich wurde, dass ich es mit einer Hardcore-Querdenkerin zu tun hatte, deren missionarischer Redefluss ohnehin nicht zu stoppen war, brach ich das Gespräch mit einem „nehmen Sie es mir nicht übel, aber da sind wir unterschiedlicher Meinung und einen schönen Tag noch“ ab. Alles andere ist ohnehin zwecklos und verdirbt nur die Stimmung.
Da macht ein Spaziergang entlang des Inn schon mehr Laune.