Die schlimmsten Befürchtungen sind eingetroffen. Jedenfalls für jene, die sich von diesen Wahlen eine klare Entscheidung für eine neue Politik erhofft hatten, für Wandel hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit und vor allem zu ernst zu nehmendem Klima- und Umweltschutz.
Aber nicht mit den Deutschen. Die setzen lieber auf das Vertraute, auf Persil. Da weiß man, was man hat. 61,3 % haben sich für CDU/CSU, SPD oder FDP entschieden. Das sind fast Zwei-Drittel der Wähler! Für Parteien, die dafür stehen, dass bis auf kosmetische Korrekturen alles beim Alten bleiben wird. Mit Kontinuität in die Katastrophe.
Zu dieser Gruppe muss man auch die AfD rechnen. Auch wenn sie bundesweit im ohnehin zu großen Rahmen blieb, im Osten hetzt sich die braune Soße wie in Sachsen und Thüringen an die Spitze der Rückwärtsgewandten. Selbst die CSU hat es im Gegensatz zu den Linken wieder über 5 % geschafft.
Dass unser Parteiensystem vielfältiger oder zersplitterter – je nach Gusto – ist als früher, das ist ja mittlerweile auch nichts Neues mehr. Auch hier, alles wie gehabt. Selbst die Sonstigen, die manche Auguren schon in starkem Aufwind sahen, waren letztlich doch nicht für nennenswert viele Menschen attraktiv.
Nein, von den Deutschen geht kein Zeichen aus für Europa (es muss ja nicht gleich die ganze Welt sein). Ihnen sitzt die Angst vor allem, was irgendwie zu links sein könnte, was zu viel an Veränderung verlangen könnte, zu tief im Nacken. Die Deutschen sind – ja, auch Lifestyle-Linke, aber vor allem sind sie Umfragelinke, Umfrage-Umweltschützer. Da kann man sich mal ganz problembewusst geben und zu neuen Ufern bekennen. Aber wenn’s ans Kreuzchen machen geht, schlottern ihnen die bourgeoisen Knochen. Man möchte den Klimawandel stoppen, aber bitteschön weiter für 60 Euro nach Mallorca fliegen. Oder von Frankfurt nach München. Man will bessere Luft in den Städten, aber weiter mit dem SUV zum Einkaufen in die City. Steuern deutlich erhöhen für die oberen 10 %? Zu radikal. Nachher wollen die von mir auch mehr haben. Vorschriften? Die Verkehrsregeln reichen uns; an die wir uns ja auch nur halten, wenn sie uns nicht im Weg sind und solange es kein Tempolimit gibt (wie gesagt: vergessen Sie Umfragen). Nein, nein, nachher darf man gar nichts mehr. Ausgerechnet der durchbürokratisierte Deutsche hat Angst vor vielleicht doch auch Mal sinnvollen Ver- und Geboten. Lieber besteht er darauf, das alles freiwillig zu machen.
Was er dann aber nicht tut. Aber diese Freiheit möchte sich offensichtlich die Mehrheit erhalten. Das Wahlergebnis ist in dieser Hinsicht eindeutig. Auf zu neuen Ufern? Von wegen. Wir stehen bis zum Arsch im Hochwasser und die Mehrheit macht den Laschet. Wegen so etwas ändert man doch nicht gleich die Politik.
Eine Antwort auf „Persilwähler“
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