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Über das Recht auf Fettnäpfchen

Eine Gleichschaltungswelle rollt durch Deutschland.  Wir brauchen keine Diktatur für die Einführung der Gedankenpolizei und staatlich verordneter Sprachkontrolle. Das machen unsere Gesellschaft und ihre Medien gerade selbst. Zeit sich dagegen zu wehren.

Da ist der Fall Lehmann. Was hat der Mann getan, das seine völlige öffentliche Hinrichtung und den Rausschmiss aus allen Jobs rechtfertigt? Er hat einen dummen Spruch rausgehauen. Ja und? EINEN! Mir ist nicht bekannt, dass Jens Lehmann jemals durch rassistische Sprüche aufgefallen ist. Skandalös ist vor allem die öffentliche Reaktion! Ihn jetzt wegen eines einzigen Satzes zum ekelerregenden und völlig untragbar gewordenen Rassisten zu erklären, halte ich nicht nur für völlig übertrieben, sondern auch für anmaßend und selbstgerecht. Und apropos „Quotenschwarzer“: Wie viele dunkelhäutige Kommentatoren gibt es denn bei Sky? Ist Lehmanns dummer Spruch denn wirklich so falsch?

Auch den von Lehmann angesprochenen Aogo hat es jetzt erwischt. Er wurde von seinem Posten zurückgetreten, weil er meinte, von „Trainieren bis zum Vergasen“ reden zu müssen. Ja und? Nein, politisch korrekt ist das nicht und jeder, der halbwegs geschichtsbewusst und humanitär gesinnt ist, sollte sich solcher Kommentare enthalten. Aber wegen dieses EINEN Spruchs ist Aogo doch noch kein Nazi! Oder hat er solche Dinge schon öfters gesagt? Und diejenigen, die sich so selbstgerecht echauffieren, haben die noch nie davon gesprochen, dass etwas getürkt ist?

Bei Boris Palmer mag das anders gewertet werden, da er schon öfters mit fragwürdigen Aussagen aufgefallen ist. Aber zum einen sollten sich die Grünen fragen, ob es politisch klug ist, ein rechtlich schwieriges und langwieriges Verfahren mitten im Wahlkampf einzuleiten, das von anderen, nun wirklich wichtigeren Themen ablenken würde. Außerdem gehören Menschen, die nicht stromlinienförmig auf Parteilinie liegen, in jede Partei, jedenfalls in jede demokratische. Drittens ist das Ausschlussverfahren Wasser auf die Mühlen derjenigen, die die Grünen ohnehin gerne als Verbotspartei darstellen wollen.

Zum anderen: wieso soll gerade der Satz, Aogo sei ein Rassist, weil er das Wort „Nigger“* verwendet hat, jetzt sein Parteischicksal besiegeln? Diese Bemerkung beruhte darauf, dass Palmer einer gefälschten Nachricht aufgesessen ist, denn diese Äußerung hat Aogo (Stand jetzt) nie gemacht. Hätte er aber durchaus, denn unter Schwarzen wird das Wort völlig selbstverständlich seit Jahrzehnten mit trotziger Selbstironie verwendet. In diesem Kontext war Palmers Bemerkung also durchaus als ironisch zu verstehen, mit der er auf seiner Meinung nach übertriebene öffentliche Reaktionen zur Causa Lehmann aufmerksam machen wollte. Man kann Palmer deshalb kritisieren, ihn auf den missverstandenen Kontext aufmerksam machen, ihm eine völlig deplatzierte, blöde Bemerkung vorwerfen, aber ein Rassist ist er deshalb nicht!

Es wird höchste Zeit, sich gegen diesen medialen Pranger zur Wehr zu setzen. Es wird höchste Zeit, den Boycottkultur-Bolschewisten die Stirn zu bieten. Wo soll das enden, wenn wir Menschen nicht mehr zugestehen, Fehler zu machen? Wenn ihre Karriere wegen einer falschen Bemerkung beendet ist? Wenn Menschen nicht mehr frei von der Leber weg reden dürfen, auf die Gefahr hin, auch mal etwas Dämliches zu sagen? Wenn Menschen wegen einer aktuell gerade als anrüchig erachteten Wortwahl geächtet, mit dem Bannstrahl belegt und für medial vogelfrei erklärt werden? Schreiben Journalisten und Autoren demnächst mit der Gender- und der PC-Schere im Kopf? Da muss man doch jedem in der Öffentlichkeit stehenden Menschen, ob Politiker, Sportler oder Entertainer, raten, nie wieder spontan zu reden, nie wieder ein Interview zu geben, ohne vorher alle Fragen vorgelegt zu bekommen, um genügend Zeit zu haben, Formulierungen zu finden, die über jeden Zweifel erhaben sind und auch ja keine einzige unserer sich gerade explosionsartig vermehrenden Mikroidentitäten möglicherweise zu verletzen.

Mir geht das zu weit. Wenn all überall normiert wird, wenn die Sprachpolizei patrouilliert, wenn politische Korrektheit zur Doktrin wird – dann werde ich renitent! Dann fange ich, der ich das noch nie getan habe, damit an, Schwulen- und Schwiegermütterwitze zu erzählen.

Ich fordere das Recht auf unbedachte Äußerungen, für die ich mich hinterher entschuldigen muss, ohne von Korrektsprechern lebenslang in den ideologischen Orkus verbannt zu werden !!!

Ich fordere das Recht auf dumme Sprüche !!!

Ich fordere das Recht auf Fettnäpfchen !!!

Nieder mit dem Genderstern !!!

Venceremos y venceremas !!!

* Ich weigere mich grundsätzlich diesen Unsinn mitzumachen, mit Bann belegte Wörter nicht auszuschreiben. Als würde das irgendetwas am Inhalt ändern. Und jeder weiß ohnehin, was gemeint ist. Ein Wort benutzen heißt nicht, seine inhaltlichen Bezüge zu unterstützen. Dann müsste ich in Zukunft auch ‚F*mus‘ schreiben statt Faschismus.

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