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Der tägliche Wahnsinn

Unterirdisch

Das Einzige, das am neuen amerikanischen ‚Frieden’splan überrascht, ist die Tatsache, dass er überhaupt vorgelegt wurde. Wenig verwunderlich ist hingegen, dass außer bei Trump und Netanjahu und den Autokraten in Saudi Arabien keine Begeisterung aufkommt. Dieser Plan hat mit einer realistischen Lösung dieses Konflikts nun wirklich nichts zu tun. Wenn man bedenkt, dass es mal eine road map gegeben hat!

Zunächst mal sollte man aufhören von Trumps Plan zu sprechen, denn der ist nicht auf seinem Mist gewachsen – der wäre doch zu so etwas schon mal gar nicht fähig (laut Auskunft seiner eigenen Parteianhänger), sondern auf dem seines Schwiegersohns, und der hat offensichtlich keinen Plan von der ganzen Sache, es sei denn man unterstellt ihm, ihm sei in mittlerweile typisch amerikanischer Manier das Völkerrecht und UN-Resolutionen völlig egal.

Aber genau so ist es wohl, denn der Vorschlag bedeutet neben den Golanhöhen die Absegnung der Annexion großer Teile des West-Jordanlandes, und der sollen die Palästinenser widerspruchslos zustimmen. Dafür sollen sie dann einen eigenen Staat bekommen – der nach Kushners/Trumps/Netanjahus Vorstellungen allerdings keiner wäre, denn was ist das für eine Souveränität, wenn diesem Volk völkerrechtswidrig Land gestohlen wird, wenn es völlig entmilitarisiert werden soll und sich somit auch nicht gegen weiteren Landraub wehren kann, und wenn Israel weiterhin die volle militärische Kontrolle behalten soll, also weiterhin alles nach eigenem Schlechtdünken abriegeln darf? Und das in einem Flickenteppich von israelischen Siedlungen inmitten des neuen palästinensischen Staates (immerhin 30 % des Gebietes).

Die angebliche geniale Lösung des Jerusalemfrage ist zudem ein schlechter Witz. Jerusalem soll ungeteilte Hauptstadt Israels sein, und, man höre und staune, gleichzeitig soll Ost-Jerusalem Hauptstadt Palästinas werden. Ja, du bekommst auch ein Stück Torte, aber damit das klar ist: die Torte ess ich ganz alleine! Der Trick an der Sache, dem die Palästinenser nun begeistert zustimmen sollen, ist der, ihnen gar keine Hauptstadt in Jerusalem zu geben, sondern Kushner denkt an einen netten kleinen Vorort. Wahrscheinlich hat man beim Aushecken dieses Plans gedacht, für so ein unbedeutendes Volk muss das reichen.

Der noch größere Witz ist allerdings das Versprechen eines ‚zusammenhängenden‘ Staatsgebiets. Dieser Illusion sollen sich die Palästinenser hingeben, weil man ihnen erlaubt einen ca. 40 km langen Tunnel zu graben, der die West Bank mit dem Gaza-Streifen verbinden soll. Auf so einen Schwachsinn muss man erst mal kommen. Aber Netanjahu wäre es wahrscheinlich am liebsten gewesen, Palästina würde gleich gänzlich unter die Erde gelegt, insofern kann man den Tunnel schon als großzügiges Entgegenkommen bezeichnen. Vielleicht sollten alle israelischen Siedlungen in der Westbank auch mit Tunneln verbunden werden, dann hätten die auch ein zusammenhängendes Staatsgebiet und könnten sich gegenseitig auf sicheren Wegen besuchen.

Aber wie soll das in der Praxis eigentlich aussehen? Ein Tunnel! Unter israelischem Boden! Hat die amerikanische Administration jemals etwas von den Tunneln gehört, die die Hamas seit Jahren gräbt, um Lebensmittel und Medikamente, vor allem aber Waffen zu schmuggeln, und die die israelische Armee regelmäßig aufstöbert und zerstört? Wenn ja, muss doch klar sein, dass Israel niemals zulassen wird, dass da unter ihren Füssen fröhlich gebuddelt würde. Mit anderen Worten, sie werden auch hier die volle Kontrolle behalten und den Tunnel überwachen wollen, inklusive sämtlicher Personen- und Warenströme.

Mit einem souveränen palästinensischen Staat hat das alles nichts zu tun und ist noch weiter von dem entfernt, was man ihnen schon einmal versprochen hatte. Die Ablehnung des Planes ist somit vorgprogrammiert. Aber man ahnt es schon. Trump und Netanjahu haben ohnehin nichts anderes im Sinn. Ein bisschen bombastische PR und Ablenkung von innenpolitischen Problemen, und am Ende wird man das Scheitern den angeblich uneinsichtigen Palästinensern propagandistisch in die Schuhe schieben.

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2 Antworten auf „Unterirdisch“

interessant finde ich auch die frage, wem denn dieser plan eigentlich nutzt. ein „friedensplan“, der eine seite so benachteiligt, dass sie gar nicht zustimmen kann, hilft keiner seite, weil er gar nicht erst umgesetzt wird. also kein nutzen für israel oder die palästinenser. die usa profitieren auch nicht, ihr einfluss im nahen osten wird nicht wachsen, eher tritt das gegenteil ein.
es profitieren nur die angeblichen planmacher persönlich, also trump und netanjahu. die haben es auch nötig: trump hat das impeachment am hals und steckt im ewigen wahlkampf. er kann mal wieder so tun, als habe er ein riesenproblem genial gelöst – seine anhänger werden es glauben – und so vom impeachment ablenken. zudem hat er neue munition für seine wahlkampfreden.
netanjahu steht unter anklage und hat ebenfalls einen wahlkampf zu führen, der wohl noch schwieriger ist als der trumpsche. er sammelt so stimmen bei den rechten in israel und lenkt von seinem strafverfahren ab.
da wird also ein wichtiges problem nicht gelöst oder auch nur ernsthaft angegangen, sondern die lage wird verschlimmert, um zwei zweifelhaften protagonisten politische vorteile zu verschaffen. ziemlich schrecklich, sowas!

Wie gesagt, Nutzen hat es nur für propagandistische Zwecke; auf Fox News kann man es schon ‚bewundern‘. Und ein paar republikanische Abgeordnete machen das Spielchen ja auch begeistert mit.

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