Nationalfeiertag in den USA – wie die meisten Nationalfeiertage ein Fest der Selbstbesoffenheit. Und sowas weiß Trump natürlich gebührend zu feiern. Muss es noch erwähnt werden, dass alles Gute, das jemals in die Welt kam, der Genialität Amerikas zu verdanken ist, der einmaligsten Nation aller Zeiten? Inkas, Griechen, Römer etc. – alles historische Fürze. Europa – war da was? Das alles ist für jeden, der bei klarem Verstand ist und ein Minimum an Bildung hat, schon schwer erträglich. Aber ähnlich dürfte es jedem Afro-Amerikaner gehen, wenn Trump „Black Lives Matter“ als „Symbol des Hasses“ und die Anhänger dieser Bewegung als „Randalierer“ bezeichnet, die die „amerikanische Geschichte zerstören“ wollen. So wie George Floyd, der sich wohl in perfider Weise unter ein Polizistenknie gezwängt hat.
Aber nicht mit Trump, dem unübertroffenen Experten für amerikanische Geschichte, der Geschichte des Volkes, dass die Menschen mit „kühnen Taten“ beglückte wie keine anderes, „das jemals seinen Fuss auf die Erde setzte“.
„Amerikaner zähmten die Elektrizität.“ Stimmt. Wie wir alle wissen, waren Gilbert, Fay, Galvani, Volta, Ohm, Faraday, Jedlik, Siemens – um nur ein paar zu nennen – Amerikaner aus England, Frankreich, Italien, Deutschland und Ungarn, lauter Vororten des Weißen Hauses.
„Wir haben das Atom gespalten.“ Aber sicher. Wie wir alle wissen, waren Fermi, Meitner, Hahn, Straßmann Frisch, Bohr lauter europäische Amerikaner aus Vororten des Weißen Hauses und wahrscheinlich direkte Vorfahren von Donald Trump.
„Keiner hat jemals getan, was wir getan haben.“ Was er wohl meint? Den Genozid an der indianischen Urbevölkerung? Sklaverei und Rassentrennung? Internierungslager für Japaner? Die zwei Atombomben auf Japan, dutzende zerstörte Demokratien, Folterschulen, Agent Orange, Napalm und die „Pik-As“ Mörderbanden in Vietnam? NSA Spionage, Märchen über Massenvernichtungswaffen, Opioid Krise?
Nein, das sind in seinen Augen genau wie bei Polizeigewalt kleine Fehlerchen, die jedem mal passieren. Er zelebrierte an diesem Tag lieber wie üblich sich selbst und seinen nur leicht übertünchten Rassismus an einem historisch und kulturell ‚hervorragend‘ geeigneten Ort, am Mount Rushmore, wo sich Herrenmensch und Größenwahn auf amerikanischste Weise vereinen. Vier Granitköpfe, die allen klar machen, wer hier das sagen hat, wer sich die Erde Untertan macht, und dass heilige Berge Aberglauben sind, und nur der Mann mit dem langen weißen Bart wahres Seelenheil bringt. Er entblödet sich tatsächlich nicht, zu erklären, dass dieses Schandmal, das einen heiligen indianischen Ort entweiht, schändet und besudelt, „niemals entweiht wird … niemals zerstört wird“. Hier beklagt der oberste Hetzer, der friedliche Demonstranten von der Straße prügeln lässt, amerikafeindliche Umtriebe und mangelndes „Interesse an Gerechtigkeit und Versöhnung“ und verspricht, dass die wahren Amerikaner die Ehre, Sicherheit und Freiheit ihrer Kinder gemeinsam verteidigen werden.
So wie der über ihm thronende Sklavenhalter Abraham Lincoln, der für die größte Massenhinrichtung in der Geschichte der USA an 38 wahrscheinlich sozialistisch infizierten Lakota verantwortlich war. Wie George Washington, ebenfalls Sklavenhalter, der schon früh seine eigene Legende erzählte, in der sich eine Niederlage in einem Gefecht gegen Franzosen in einen Sieg verwandelte, und der der Ermordung von 10 ihm dienenden Indianern tatenlos zusah. Wie der Sklavenhalter Thomas Jefferson, der unveräußerliche Menschenrechte predigte, Schwarze aber für eine minderwertige Rasse und Indianer für Wilde hielt, die er liebevoll „meine Kinder“ nannte. Und Theodore Roosevelt, der sicher viel für die weiße Arbeiterschaft getan hat, aber auch der Begründer der „big-stick policy“ ist, der expansionistischen Politik mit dem großen Knüppel, die den Anspruch Amerikas als Weltpolizist und Außenpolitik im alleinigen Interesse der USA begründete. Alles „kühne Taten unerschrockener Männer“ deren „Leistungen niemals vergessen werden“. Eine wahrlich angemessene Kulisse für Trump, schließlich sind das „die größten Amerikaner, die jemals gelebt haben“. Wann er wohl fordern wird, seinen eigenen Kopf hinzuzufügen?
Ach ja, und dann hat er auch gleich einen Skulpturenpark für amerikanische Helden verordnet, in dem, man höre und staune, sogar Martin Luther King geehrt werden soll (wetten, dass ihm das einer seiner schlauen Berater da rein geschrieben hat? Vielleicht will er aber auch nur die Garderobe nach ihm benennen.). Dieser Park soll vor allem all den „Kämpfer[n] gegen nationalen Sozialismus oder internationalen Sozialismus“ gewidmet sein. Schließlich könne man nicht hinnehmen, dass der „gnadenlosen Kampagne“ der „linken Faschisten“ gegen die „heiligsten Monumente“ der Nation Denkmäler von Sklavenhaltern wie Thomas ‚Stonewall‘ Jackson in Richmond, Virginia zum Opfer fallen. Nein, er verkündet schon mal, dass die bereits gefassten und von Trump bereits überführten Anführer dieser Aktion für 10 Jahre in den Bau wandern werden. Welch beeindruckendes Beispiel für Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaat, für die Prinzipien, die die Männer, die da über Ihnen thronen in ihrer Verfassung festgeschrieben haben.
Und wen soll man dann wohl demnächst neben Jackson, der bestimmt einen neuen Sockel bekommen wird, bewundern?
Ich schätze mal, in Anbetracht seines profund unterirdischen Wissens und seiner baseballschläger-scharfen Analysen denkt er etwa an Joseph McCarthy, den denunziationsbegeisterten Kommunistenfresser, der jeden, der nicht stramm rechtsaußen, bibelgläubig und weiß war, in den Knast werfen oder ausweisen wollte. Der zwar nie an echten Kampfhandlungen beteiligt war, aber aus einem Partyunfall eine Verwundung machte, sich selbst zum heldenmütigen Heckenschützen erklärte und auch gleich eine entsprechende Belobigung fälschte. Dessen gesamte Kampagne zur Rettung Amerikas von Beginn an auf Lügen, Propaganda und Verschwörungstheorien beruhte. (Gemeint ist übrigens immer noch McCarthy.) Oder an General Custer für seinen heroischen Kampf gegen die ganz und gar renitenten Ureinwohner, deren Opfer er in einer heimtückischen Schlacht geworden war, als Sitting Bull eine gefakten Rückzug anordnete. Oder an Kelvin E. Jones, einen der Gründer des Ku Klux Klans. Wahrscheinlich würde ihm auch eine überlebensgroße, blutbeschmierte Statue von William Calley gefallen, der mit dem Massaker an über 500 Vietnamesen in My Lai dem internationalen Sozialismus eine vernichtende Niederlage zugefügt hatte. Auf Trumps Vorschläge darf man jedenfalls gespannt sein.
Eine Antwort auf „Geschichtsträchtig“
[…] noch ironisch gefragt, wann Trump fordern wird selbst in Stein gemeißelt zu werden (https://www.myview-wolfgangmebs.de/geschichtstraechtig/) – und schon ist es Realität. Laut der Gouverneurin von South Dakota, Kristi Noem, sagte Trump […]