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Trumps erfreulich düstere Aussichten

Trump – eine beleidigte Leberwurst auf Rachefeldzug. Am Dienstagabend feuerte er nach Mark Esper, der sich weigerte die Armee gegen Demonstranten einzusetzen, nun auch Chris Krebs, den Chef der US-Agentur für Cybersicherheit, einer Behörde im Heimatschutzministerium. Der hatte die Frechheit besessen, auf Trumps Panikpropaganda mit der Wahrheit zu reagieren: “Die Wahl am 3. November war die sicherste in der amerikanischen Geschichte”. Dem schlossen sich auch mehrere Wahlleiter der Bundesstaaten an. Das interessiert natürlich nach wie vor die Hardcore-Trumpisten wenig, wie die republikanischen Abgeordneten in Wayne County, Michigan. Sie lehnten zunächst die Zertifizierung des Wahlergebnisses ab, wie gehabt wegen angeblicher Wahlfälschungen. Nach massiven Protesten und vor allem, weil sie keinerlei Beweise vorlegen konnten, mussten sie dann allerdings einen Rückzieher machen. Oder wie Rudolph Giuliani, der sich jetzt endgültig zum Vize-Clown macht (https://www.myview-wolfgangmebs.de/the-farce-must-go-on/), zuletzt auf seiner Pressekonferenz in Washington. Von dem peinlichen aber irrelevanten Haarfärbemittel mal abgesehen, da redete ein Mann im Fiebertraum, mit Augen wie Jack „Shining“ Nicholson, und wiederholte so stumpf- wie irrsinnig alles, was längst widerlegt ist. Trumpisten können eben vor allem eines gut: lügen.

Überhaupt scheint bei ihnen, allen voran bei Trump selbst, nur noch eine Emotion zu regieren: Rache. Und entsprechend betreibt Trump eine Politik der verbrannten Erde. Er tut alles dafür, um Bidens Regierungsarbeit zu sabotieren. Truppenabzug aus Afghanistan („Seht ihr, kaum ist ein Demokrat Präsident, sind die Taliban zurück.“). Blockade von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie („Unter Biden sind die Todeszahlen so hoch wie nie!“). Einen Militärschlag gegen den Iran konnte der letzte Rest wenigstens hin und wieder rationaler Berater und der Widerstand hoher Militärs gerade noch verhindern. Und jetzt will er auch noch in Alaska der Ölindustrie ein Abschiedsgeschenk machen und ein Naturreservat für Ölbohrungen freigeben. Die Bohrrechte sollen nach seinem Willen noch vor dem 20. Jan. 2021 versteigert werden. Das würde für Biden, sollte er dies rückgängig machen wollen, für massiven Streit mit der Öllobby führen. Zudem würde ein einzigartiges Ökosystem zerstört. Und, was noch schlimmer ist, in der Folge wäre die Lebensgrundlage eines indigenen Volkes, der Gwich’in, in Gefahr, nämlich die in dem Gebiet bisher geschützten Karibuherden. Aber welchen Rassisten hätten je Ureinwohner und die Verletzung von Menschenrechten gestört.

Natürlich weigert er sich weiterhin strikt das zu tun, was jeder Mensch mit einem Mindestmaß an Anstand tun würde, nämlich die Amtsübergabe einzuleiten.* Was nun einige Mitarbeiter des Weißen Hauses ihrerseits sabotieren, indem sie sich, z.T. heimlich, mit Vertretern der neuen Administration getroffen und Informationen weitergegeben haben. Ihren Job sind sie ja demnächst ohnehin los. Da bleibt Trump nur noch twittern. Mal sehen, was sich der Charakterzwerg noch alles einfallen lässt. Immerhin kann er noch ein paar Wochen lang mit präsidialen Verordnungen Biden so allerlei Tretminen in den Weg legen.

Sollte er, seiner eigenen Trotzigkeit zuwider, doch am 20. Januar aus dem Weißen Haus vertrieben werden, so munkelt man in Washington, will er 2024 wieder antreten und in der Zwischenzeit einen eigenen Fernsehsender gründen, denn mit Fox ist er nicht mehr zufrieden. (Der hatte letztlich sogar, welche Majestätsbeleidigung, die Übertragung einer Pressekonferenz abgebrochen, da Kayleigh McEnany, Trumps Sprecherin, lediglich unbewiesene oder gar widerlegte Behauptungen von Wahlfälschungen wiederholte.) Was da auf Amerika zukäme, kann man sich leider nur allzu gut vorstellen.

Aber vielleicht führt ja auch einer der vielen Prozesse zum Erfolg, die ihm (und einem Teil seines Clans) nächstes Jahr nach der Aufhebung seiner Immunität drohen. Laut New York Times könnten es 30 Stück werden, wegen Justizbehinderung, Veruntreuung von Spendengeldern, Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Bilanzfälschung, Bank- und Versicherungsbetrug, Betrug in mehreren Fällen, Schadensersatzklagen, Verstoß gegen Vergütungsregeln, sexuelle Belästigung und Vergewaltigung, Verleumdung und Körperverletzung. Nur, werden es amerikanische Richter wagen einen ehemaligen Präsidenten ins Gefängnis zu schicken? Dann müsste sich dieses Land ja eingestehen, einen Kriminellen zu seinem Oberhaupt gemacht zu haben. Im besten Land der menschlichen Geschichte? Manche argumentieren auch, man würde Trump damit für seine Anhänger zum Märtyrer machen. Als wäre er das nicht schon. Polizeischutz würden diese Richter und Staatsanwälte jedenfalls brauchen.

Die andere Hälfte in den USA witzelt derweil bereits über Trumps „alternative freedom“. In einer überfüllten Gemeinschaftszelle vielleicht? Mit lauter Schwarzen und Latinos? Aber wenn überhaupt, dann landen Leute wie er in Sondergefängnissen mit allen möglichen, man möchte sagen feudalen, Privilegien. Bei seiner Persönlichkeitsstruktur wäre eine Gefängnisstrafe für Trump dennoch ein geradezu apokalyptisches Desaster. Man muss nicht einmal nachtragend sein, um ihm das zu gönnen.

Dass er ganz ohne Verurteilung davonkommt, damit rechnet jedenfalls momentan niemand. Zudem werden ihn diese Verfahren jede Menge Geld kosten – zusätzlich zu den geschätzt 300 Mio. $ Schulden, die Trump allein in den nächsten vier Jahren begleichen muss. Darüber hinaus sind weitere Kredite zu tilgen; bei der Deutschen Bank z.B. rund 400 Mio. US-Dollar. Summa summarum kommen da wirklich schlechte Zeiten auf Trump zu.

Vielleicht flüchtet er ja auch vorher. Wäre das nicht herrlich, wenn er wegen seiner langen Latte an Straftaten nirgendwo Unterschlupf fände? Außer in irgendeinem shithole state? Oder in China?

Man wird ja noch träumen dürfen.

* Meldung vom 24.11.20: Trump hat jetzt doch seine Mitarbeiter angewiesen mit dem Biden-Team zusammenzuarbeiten.

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