Große Freude in vielen Redaktionsstuben. Da wurde vom ZDF über die Rheinische Post bis zum Handelsblatt über die Rückkehr der Amerikaner in die internationale Gemeinschaft und den neuen Multilateralismus gejubelt, und so mancher fabulierte gar von „Politik auf Augenhöhe“, die nun unter Biden möglich sei.
Unnötig zu wiederholen, dass fast jeder neue Präsident im Vergleich mit Trump als Verbesserung angesehen wird und nur bei seinen Anhängern zu Schnappatmung führt, rund um den Globus aber für Aufatmen sorgt. Jedoch muss man schon reichlich naiv sein zu glauben, dass sich an der Maxime amerikanischer Außenpolitik durch Biden auch nur das Geringste ändern wird. Gleichberechtigte Beziehungen mit anderen Nationen hat es in der amerikanischen Geschichte nie gegeben! Zusammenarbeit hieß immer: ihr dürft gerne mit uns kooperieren, aber wir sagen, wo es lang geht. So stellte Biden am Dienstag wenig überraschend klar, er habe ein Team, das bereit sei „die Welt zu führen“.
Und da steht er in der Tradition von Leuten wie dem früheren Sicherheitsberater und Außenminister Henry Kissinger, der kurz und eindeutig feststellte: „Amerika hat keine dauerhaften Freunde oder Feinde, nur Interessen.“ Oder dem früheren Präsidenten George Bush, der das Recht der USA, die Welt anzuführen damit begründete, dass „unter allen Nationen der Welt allein die USA das moralische Ansehen und die entsprechenden Mittel“ dazu habe. Am Führungsanspruch der USA wird sich nichts ändern. Wie unter Clinton oder Obama wird nur der Umgangston etwas freundlicher.
Der Druck auf Europa, sich endlich von den USA zu emanzipieren, der durch Trumps rigorose, allein auf Konfrontation und Abgrenzung setzende Politik entstanden ist, wird nun wieder nachlassen, und Macrons (zugegebenermaßen nicht ganz uneigennütziger) Versuch, eine eigenständigere Position zu vertreten und den amerikanischen deutlicher als früher eigene Interessen entgegenzusetzen, wird wahrscheinlich scheitern, auch wegen der diversen Baustellen innerhalb der EU (https://www.myview-wolfgangmebs.de/eu-in-denkbar-schlechter-verfassung/).
Und Verteidigungsministerin Annegret Kamp-Karrenbauer hat sich ja in vorauseilendem Gehorsam der neuen US-Regierung gegenüber schon mal bereit erklärt, nun die deutschen Rüstungsausgaben den amerikanischen ‚Wünschen‘ entsprechend zu erhöhen. Nach dem althergebrachten, aber deshalb nicht wesentlich überzeugenderen Motto: Frieden schaffen mit noch mehr Waffen.
Auch hier alles wie gehabt.