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Allgemein Artikel und Essays Der tägliche Wahnsinn

Corona – und sonst?

–      Jetzt geht es also weiter mit der Fußball-Bundesliga. Mit Geisterspielen. (Also, ich muss sagen, da ist mir der Geisterzug lieber.) Mal sehen, was um die Stadien herum los sein wird. Hoffen wir mal auf viel Geist und wenig Grusel.

–      Nach einer aktuellen Umfrage von infratestdimap stehen 56 % der Deutschen den vielen Lockerungsmaßnahmen kritisch gegenüber. Interessanterweise gehen die Maßnahmen 63 % der FDP-Anhänger nicht weit genug. Bei der AfD sind es 61 %. Ob das der Kemmerich-Effekt ist?

–      Hurra, der Pflegebonus kommt. Bis zu (!) 1.000 €. Immerhin. Aber wieso nur für Altenpfleger? Auf eine nachvollziehbare Begründung, warum diese Prämie nur Altenpfleger/innen erhalten, nicht aber die nicht weniger belasteten Mitarbeiter in Behindertenheimen und Krankenhäusern, darf man gespannt sein. Dass es die gibt, darf bezweifelt werden.

–      Wie zu befürchten war, bringen sich Industrie und Topverdiener und ihre Lobbyisten in CDU, CSU und FDP in Stellung: Bloß keine strengeren Umweltauflagen und schon mal gar keine Steuererhöhungen oder gar eine Solidaritätsabgabe für die armen Superreichen. Gerade jetzt, wo der abgestürzte DAX ihnen doch so herbe Verluste bereitet hat (nicht weitersagen: er steigt schon wieder), brauchen sie vor allem eines: unser aller Solidarität. Über das bisschen Dividende braucht man da gar nicht erst reden. Und wegen der Milliarden, die jetzt in die Wirtschaft fließen, bleibt angeblich jetzt leider nichts mehr übrig für die Grundrente. Welch glücklicher Zufall – und helle Freude in den Unionsparteien, die hoffen, die ungeliebte Grundrente vielleicht doch noch verhindern zu können.

–      Alle anderen Themen gehen momentan fast völlig unter. Der Bau der neuen Leverkusener Brücke entwickelt sich zum handfesten Skandal, und müsste zu einer öffentlichen, intensiven Diskussion um Vergabekriterien führen. Afghanistan wird von einer Serie von Attentaten erschüttert, auf ein Krankenhaus, auf eine Trauerfeier, auf Sicherheitskräfte. Und Trump freut sich, dass niemand mitbekommt, wie drastisch seine ‚Friedensgespräche‘ und seine gesamte Afghanistan-‚Strategie‘ gescheitert sind. Was übrigens genau so für die deutsche Außenpolitik gilt.

Und noch einer freut sich wie Bolle: Andreas Scheuer. Denn kaum einer bekommt im Moment mit, welche Dreistigkeiten er sich erlaubt, um zu verhindern, dass seine Fehler vor und nach der Vergabe der gescheiterten PKW-Maut und die, nach bisherigen Erkenntnissen sehr wahrscheinlich rechtswidrige Bevorzugung von Kapsch/Eventim aufgedeckt werden können. Seit Monaten ist offensichtlich, was Scheuer unter der von ihm angekündigten ‚maximalen Transparenz‘ versteht – die Transparenz einer Milchglasscheibe. So verweigert er weiterhin die Herausgabe aller, vor allem ungeschwärzter Akten. Und bei der letzten Anhörung wurde den Abgeordneten ein Schmierentheater geboten. Plötzlich haben Zeugen aus dem Verkehrsministerium Gedächtnislücken in Zusammenhängen, an die sie sich vor kurzem noch gut erinnern konnten, oder sie verweigern plötzlich bei allen für Scheuer kritischen Punkten die Aussage. Und das nicht zum ersten Mal: bereits im März deutete ein Zeuge an, dass ihm das Ministerium bei bestimmten Themen die Aussage verbiete. Nach der Befragung in dieser Woche herrscht bei den Ausschussmitgliedern der Eindruck vor, dass die Zeugen „im Bundesverkehrsministerium nicht nur intensiv geschult, sondern wahrscheinlich auch massiv unter Druck gesetzt“ werden (so z.B. Oliver Luksic, FDP; Zitat in: https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article207962131/Zeugen-werden-wahrscheinlich-massiv-unter-Druck-gesetzt.html).

Vielleicht erklärt das auch Scheuers neuesten Klops: Er will die gerade erst verabschiedete Erhöhung der Bußgelder für zu schnelles Fahren wieder zurücknehmen. Warum? Damit sich der Kauf von PS-Monstern von BMW und Audi wieder lohnt? Oder als Ablenkung vom Maut-Ausschuss, getreu Goethes Ratschlag, nach einem Fehler, bei dem man ertappt wurde, einfach schnell einen zweiten zu machen, denn: „Darauf [sind] die Leute so versessen, dass sie den Alten gern vergessen.“

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