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Das Wahlergebnis

Solche Bundestagswahlen habe ich noch nicht erlebt – und das sind immerhin meine 14-ten! So viele Volten, Aufs und Abs, Fake News und Blamagen, Sternschnuppen und Wiedergänger. Nie gab es so viel Auswahl: Neben den bekannten, gar nicht mehr so großen, stellen sich 40 kleine Parteien zur Wahl. Nie war das Ergebnis so offen, waren so viele Koalitionen möglich.

Und auch das ein neues Paradox: Noch nie haben trotz dieser Offenheit so viele Menschen schon vor dem eigentlichen Wahltag ihre Stimme per Briefwahl abgegeben, sind sich also, egal, was da in den letzten Tagen noch passieren mag, ihrer Präferenz ziemlich, wenn nicht absolut sicher. Auf der anderen Seite sind 40 % noch unentschlossen, wollen sich bis zum Ende das Kreuzchen offenhalten. Noch ein falsches Gesicht hier, eine dumme Bemerkung da und man wählt eben was anderes. An den Programmen wird sich ja nichts mehr ändern. Am Personal auch nicht.

Und so langsam steigt die Spannung, geht es unaufhaltsam dem Showdown entgegen. Für alle, die das kaum aushalten können, habe ich schon mal in meine Glaskugel geschaut. Und was die enthüllt, ist der Hammer. Also, für alle, die es wissen wollen, hier schon mal das Wahlergebnis.

Erste große Überraschung: 80 % der Unentschiedenen schwankten zwischen SPD, Grün und Links. Davon haben wieder 80 % an der Wahlurne gewürfelt. (Abituraufgabe: Wie viel Prozent der Unentschiedenen landeten beim Wahl-O-Mat bei der ÖDP?).

Nicht bekannt ist, wie viele Würfel gezinkt waren. Laut Ken Jepsen stammten alle aus dem Spielemagazin von Bill Gates.

Aber wie anders lässt sich Baerbocks Wiederauferstehung wie die Phönixin aus dem Jutebeutel erklären, wo sonst sollen 19,9 % für die Grünen herkommen? Daran, dass Dieter Nuhrs kabarettöse Walkürenritte kontraproduktiv waren, kann es nicht allein gelegen haben. Eher schon, dass die Deutschen noch zu Mitleid fähig sind.

Die Linke wird es mit Ach und Krach in den Bundestag schaffen, mit 5,01 %. Die Beobachter sind sich einig, dass Sarah Wagenknechts Stimmbandoperation und der Umzug von Oskar Lafontaine in ein Schweigekloster einen gewissen Anteil am Wiedereinzug in den Bundestag haben.

Formaler Wahlsieger mit enttäuschenden 20 % wird Olaf Scholz. Am Wahlabend guckt er wie gewohnt sparsam. In einer ersten, spontanen Reaktion wird er ehrlich bekennen, dass er sich weder seinen Auf- noch seinen Abschwung erklären könne. Dafür sei er nicht zuständig.

Christian Lindner strahlt in die Kameras angesichts seiner 13,13 %, als habe er eine XXL-Tüte Smarties in seiner Schultüte gefunden. Seine in jede Kamera geflötete Begeisterung für Jamaika findet jedoch wenig Beachtung. Selbst sein Angebot, über die in diesem Zusammenhang doch recht sinnige Legalisierung gewisser grüner Blätter ließe sich mit ihm reden, verfängt nicht. Ihn lässt wieder keiner ziehen.

So wird die FDP einen historischen Moment erleben. Da holen sie mit ihrem vergilbten, gar nicht so ‚neo‘-ökonomischen Programm ein für sie sattes Ergebnis und sind doch bedeutungslos. Ihnen fehlt das Wirtstier.

Die nächste große Überraschung: Söder hat es nicht nur verkackt. Er kackt ab. Das beste Ergebnis wird die CSU im Wahlkreis Roth erringen, mit 49 %. Über die Gründe für schlaffe 25 bayrische Prozent werden sich viele Kommentatoren die Haare raufen. Der Münchener Merkur wird vermuten, dass Frau Klöckner nicht unerheblichen Anteil daran habe, seit sie in einer Werbekampagne des Landwirtschaftsministeriums beim Frühstück am Gartentisch unter dem Slogan „Produkte aus der Region“ ein Glas Orangensaft statt Müller-Milch trank. Sinnvolleres wird niemandem einfallen, weshalb als Erstes der Kopf der Werbekampagne rollen wird.

Söder selbst wird auf einem bayrischen Lokalsender erklären, es gäbe für einen CSU-Politiker nur eine echte Chance auf Karriere, nämlich als Verkehrsminister. Dafür aber sei er zu gut. Er kündigt an, ab jetzt in Alaska Ananas zu züchten.

Wenig überraschend: Die AfD schafft es nicht, sich selbst durch die unterirdischsten Thesen und deutsch-nationalstes Schwadronieren unter 10 % zu faseln. Den Bodensatz kriegen wir nicht weg.

Aber nur 10,5 % ? Weidel und Chrupalla bezweifeln das Ergebnis der Briefwahl, lamentieren über den gestohlenen Endsieg und werden das von ihnen verachtete Verfassungsgericht anrufen. Gauweiler sieht man durch die Gänge des Bundestages irren, leise „Vogelschiss, Vogelschiss, Vogelschiss“ murmelnd. Höcke ruft unter Berufung auf das Widerstandsrecht in Art. 20/4 Grundgesetz zum Sturm auf den Bundestag auf.

Für eine weitere Überraschung sorgen die unter „Sonstige“ subsumierten Gruppierungen. Da die etablierten größeren Parteien keine echte Begeisterung hervorrufen, als Systemparteien oder von Bill Gates usurpiert gelten, erringen die Kuriosen insgesamt 15 % der Stimmen.

Und Laschet?

Wer?

Es wird also für eine knappe rot-grün-rote Koalition reichen. Und auch dazu kommen. Nach Gregor Gysis Machtwort und der Drohung, andernfalls zur SPD zu wechseln und dort einen linken Flügel zu gründen. So Leid es Deutschland tut, aber Scholz wird den Kanzler mimen, Habeck wird Vize-Kanzler und Außenminister, Baerbock kriegt das Umwelt-Veto, die SPD macht Wirtschaft, Finanzen, Verteidigung und Gesundheit, die Grünen Innen, Wirtschaft und Landwirtschaft, Die Linke bekommt Arbeit und Soziales und das Fahrradministerium. Zum Rest schweigt sich meine Kugel aus.

Tja, und jetzt warte ich auf Sonntag, 26.9.21, 18 Uhr. Und sollte meine Glaskugel falsch liegen, wird sie in den Keller verbannt. Und beim nächsten Mal nehme ich Kaffeesatz.

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