– Seehofer hat die Trumpitis: er übernimmt dessen geniale Idee, dass, wenn man Phänomene nicht sieht, sie auch nicht existieren. Wie kleine Kinder, die sich die Augen zu halten und glauben niemand könne sie sehen. Wenn ich nicht teste, gibt es auch keine Corona-Infizierten, und wenn ich keine Fälle von racial profiling aufzähle, dann gibt es sie auch nicht. Demnach sollten wir sofort sämtliche Vorsorgeuntersuchungen stoppen, und schon ist der Krebs verschwunden. Aber Seehofer hat ja ein Wahnsinnsargument: Wir brauchen das nicht zu untersuchen, denn Profiling ist sowieso verboten! Na prima, dann sollten wir aber auch aufhören Geschwindigkeitskontrollen zu machen. Zu schnell fahren ist ja verboten. Wozu Dopingtests machen? Oder im Internet nach Kinderpornographie suchen? Ist doch alles verboten.
– Die um die nationale Sicherheit besorgte amerikanische Regierung ist ebenfalls mit lauter Genies verseucht. Einer neuen Anweisung zufolge müssen alle ausländischen Studenten, die nicht an Präsenzveranstaltungen teilnehmen, das Land verlassen. Wozu? Ähhh … Mhhh … Ja nun … Einzig mögliche Erklärung: da Studieren ein Vollzeitjob ist, sind dann alle Aliens unter Aufsicht und so beschäftigt, dass sie gar nicht dazu kommen auf ihren Studentenbuden heimlich Muslime zu werden und Bomben zu bauen, mit denen sie dann gute weiße amerikanische Christen ins Himmelreich befördern. Es gibt nur einen Haken: die meisten Unis, Eliteuniversitäten wie Harvard eingeschlossen, wollen auch im kommenden Semester beim jetzigen Online-Lehrplan bleiben. Ein echter Catch-22. Es sei denn, die Betroffenen sagen sich ohnehin schon: nichts wie weg hier.
– Da diese blöde harmlose Grippe immer noch nicht wie von Trump angekündigt im Sommer auf mirakulöseste Weise verschwunden ist, diese Regierung aber laut Trump den fantastischst möglichen Job macht, und Trump nach eigener Bekundung gerade dabei ist das Virus heroischst niederzuringen, braucht sich ja auch der gemeinste Redneck keinerlei Sorgen zu machen. Genau deshalb müssen alle Besucher von Trumps großartigsten Wahlkampfveranstaltungen, wenn sie denn reingelassen werden und seine narzisstischsten Lobeshymnen auf den erfolgreichsten Präsidenten im Kampf gegen Covid-19 hören wollen, eine Erklärung unterschreiben, mit der sie freiwillig alle Risiken einer Corona-Infektion übernehmen und auf Schadensersatzansprüche verzichten. Ein Cleverle, die Blond-Tolle. Man kann ja nicht vorsichtig genug sein. Schließlich warten diese Scheißliberalen und Linksfaschisten und Schlitzaugen und Tortillafresser und Schwarz- und bestimmt auch die Rothäute doch nur darauf, sich auf so eine Veranstaltung einzuschmuggeln und das eigentlich doch so niedliche kleine Viruschen unter den Anwesenden zu verteilen. Schadensersatz, dass weiß man ja, kann in Amerika ganz schön teuer werden. Und bei Geld hört bei Trump der Spaß aber sowas von auf!
– Und jetzt bekommt er auch noch Konkurrenz. Schließlich gibt es noch mehr Größenwahnsinnige in diesem Land. Kanye West hat angekündigt Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden zu wollen. Na, wenn das nicht beweist, dass es sich wirklich um das Land der unbegrenzten Selbstüberschätzung handelt. Kanye West, ein snobistischer Hipster-Rapper, der das Ghetto-Leben nur aus dem Fernseher und Musikvideos kennt, die Welt mit Selbstinszenierung zusammen mit seiner Frau Kim Kardashian einseift, schon mal Verschwörungstheorien verbreitet, der Trump für cool hält, wirre Reden schwingt, und zu guter Letzt auch noch zu Gott gefunden hat und jetzt (so singt er jedenfalls), da ihn Jesus gerettet hat, endlich geistig gesund geworden ist. Na, dann steht ja einer politischen Karriere nichts mehr im Wege – als würdiger Nachfolger von Donald Trump. Und was hat Deutschland zu bieten? Xavier Naidoo for President! Und Attila Hildmann zum Bundeskanzler.
– Die britische Innenministerin Priti Patel ist wirklich niedlich. Entsetzt ist sie über die Zustände in der Textilindustrie, die, ähnlich wie in Deutschlands Schlachthöfen, allein aufgrund von hohen Infektionsraten mit Covid-19 und darauf folgenden Lockdown-Maßnahmen plötzlich zum Skandal werden. Ausbeuterische Löhne, sklavenähnliche Arbeitsbedingungen, keinerlei Corona-Hygieneregeln. Für die arme, nichtsahnende Frau Patel, die die letzten Jahre in einem anderen Sonnensystem verbracht haben muss, eine schockierende Neuigkeit. „Ich werde es nicht zulassen, dass üble Kriminelle unschuldige Menschen in Sklavenarbeit und ein Leben in Ausbeutung zwingen“, wettert sie. Da zittern die Bosse aber mächtig und lassen trotz des Lockdown in einzelnen Fabriken weiterarbeiten. Wie all die Jahre vorher, in denen die Medien oft genug über genau diese Verhältnisse berichtet hatten, ebenso wie über die Zustände in der britischen Lebensmittelproduktion. Mal sehen, was sich eine der Bosse-freundlichsten Parteien Europas und die empörte Frau Patel jetzt einfallen lassen werden.