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Von Schluchten und Schnepfen

17.9.21

Es hat sich mal wieder gelohnt, früh unterwegs zu sein. Bin heute Morgen zur Aare-Schlucht, eine halbe Stunde Fußweg von meinem Campingplatz entfernt. Um halb 10 war ich einer der ersten Besucher, so dass ich in aller Ruhe hindurchwandern und, ohne andere nervös zu machen, meine Fotos machen konnte. Zwei Stunden später auf dem Rückweg wurde es schon deutlich voller, so dass man sich auf dem schmalen Steg im Weg stand. Vor allem die Selfiesammler.

Die Natur verblüfft immer wieder mit ihren Formen, ihrer Beharrlichkeit, ihrer Kreativität. Wie in dieser Schlucht. Die Aare hat sich in den Fels gefräst in hunderttausenden von Jahren, mit Höhlen, Wasserfällen, Gletschermühlen. Und sie verändert die Schlucht immer noch, ohne dass wir relativ kurzlebige Wesen es bemerken. Welch eine Vorstellung: ihren Ursprung hat diese Schlucht in der Eiszeit, vor 2,5 Mio. Jahren, als es hier einen Gletscher von 900 m Dicke gab! Und die Aare fließt und fließt und rauscht gletschergrau durch die Felswände hindurch.

Gletschermühle
180 m höher
Felsmalerei
Corona ist überall!

Und anschließend ging es auf Sherlocks Spuren mit der Zahnradbahn zu den Reichenbachfällen, von dort noch eine halbe Stunde über Almwiesen den Berg hinauf, bis ich ein Plätzchen, wie geschaffen für ein Picknick, fand.

Picknick

Wieso geben sich manche Menschen so viel Mühe, aber auch in jeder Nuance einem Klischee zu entsprechen?

Ich wollte mich gerade auf den Rückweg machen, als zwei junge …, mh, … Damen die Aareschlucht betraten. Schick. Grellfarbene Pumps. Die eine bauchnabelfrei. Fingernägel aufgeklebt, die eine in pink, die andere blutrot.

Kaum hatten sie die Kasse verlassen, machten sie die ersten Selfies, alleine, zu zweit. Und schnatterten dabei lautstark.

Ich ging schnell los, um etwas Abstand zu gewinnen. Da ich jedoch immer wieder stehen blieb, um mir anzusehen, was zu sehen ich gekommen war, hatten sie mich bald überholt. Und ich sie bei der nächsten Selfie-Location wieder eingeholt. Zum Glück übertönte das Rauschen der Aare bei genügendem Abstand ihre – ja, leider auch das noch – piepsige Unterhaltung.

Und schon überholten sie mich wieder. Und so konnte ich noch beobachten, wie die eine im Laufen Handyfotos knipste, während die andere – ungelogen! – ohne ihr Geschnatter zu unterbrechen, den Kopf aller Naturschönheit abgewandt, mit fliegenden Daumen eine Nachricht in ihr Handy tippte.

Warum sind die hier? Wahrscheinlich weil es sich beim Aussichtspunkt am Eingang um einen Instagramm-Spot handelt.

Ich beschloss dann einfach lange genug stehen zu bleiben.

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2 Antworten auf „Von Schluchten und Schnepfen“

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