Kategorien
Artikel und Essays Politik/Wirtschaft

THE TIMES THEY ARE A-CHANGING ?

THE TIMES THEY ARE A-CHANGING ?

Amerikas nicht wirklich überraschende Entwicklung

Wolfgang Mebs, 22.12.2019

So mancher wundert sich zunehmend über die amerikanische Politik, seit Trump zum Präsidenten gewählt wurde, vor allem in Europa. Was ist da los in diesem Land? Wie konnte ein Mann wie Trump Präsident werden? In Amerika! Diesem Sehnsuchtsort. Dem Reich von Freiheit und Demokratie, wo alle Träume Wirklichkeit werden können. Stimmt. Aber leider auch Albträume.

Für jeden, der dieses Land, seine Geschichte und seine Mentalität genauer betrachtet, ist diese Entwicklung keineswegs überraschend. Was die Welt heute zu sehen bekommt, war immer waschecht amerikanisch, war immer Teil des genetischen Codes und der kulturellen und institutionellen Struktur, die nun offener zutage tritt. Die Welt, und vor allem die Amerikaner selbst, sind einem Märchen aufgesessen – und die Seifenblase platzt.

Um die gegenwärtige Entwicklung und die sich abzeichnenden Gefahren für die Niemals-wirklich-vereinigten-Staaten zu verstehen, muss man sich das Netz aus Legenden vergegenwärtigen, das seit mehr als 250 Jahren gewoben wurde.

Es ist ein Land der Kontraste, was man sicherlich über so ziemlich jedes Land sagen kann, aber auf keines trifft diese Aussage so sehr zu wie auf Amerika, keines ist in jeder Hinsicht so widersprüchlich. Das ist es, was dieses Land so speziell macht. Amerikaner hören gerne, wie außergewöhnlich sie sind: die erfindungsreichsten Menschen der Erde, die Produktivsten, die Schlausten, die Freiesten, die Was-auch-immer. In jeder öffentlichen Rede, und erst recht der eines Präsidenten, wird es ihnen eingebläut und mit tosendem Applaus bedacht: Wir sind die Größten! Trumps ständiger Gebrauch des Superlativs wird deshalb nicht als psychologisch besorgniserregend oder schlicht überheblich betrachtet, sondern als völlig normal und selbstverständlich. Jeder außerhalb des Landes, und einige wenige Amerikaner selbst, wissen, dass dieses Gerede Unsinn ist. Aber was Amerika wirklich außergewöhnlich macht, ist die unerreichte Selbstbezogenheit, die unbegrenzte Fähigkeit zum Selbstbetrug und die schizophrene sozialpolitische Kultur.

Freiheit und Calvin

The land of the free? Das Land der Freiheit? Ja. Wenn man als Einsiedler irgendwo in der Mojave Wüste oder auf einem Baum tief in Oregons Wäldern leben will, kann man das tun. Es gibt kein Melderegister, keine Pflicht einen Pass zu haben, man wird nicht gezwungen, einer Krankenkasse oder Rentenversicherung beizutreten, und man kann 100-Schuss Maschinengewehre kaufen und sein Land verteidigen und jeden erschießen, der es betritt (sie nennen es stand-your-ground law). Sie können ihr Haus bauen, ohne von detaillierten Bauvorschriften eingeschnürt zu werden, und sie dürfen glauben, woran sie wollen und Kirchen jeder Art gründen, selbst wenn sie an das pink und weiß gestreifte Einhorn glauben.

Aber man darf kein Atheist sein, wenn man eine politische Karriere plant. Und wenn man gewählt werden will, sollte man sich nicht scheiden lassen (am allerwenigsten im Bible Belt). Amerika hat die größte Pornoindustrie der Welt, aber du darfst nicht nackt in die Sauna, und man schützt mit einem Balken alle Fernsehzuschauer davor, eine nackte Brust zu sehen – Gott behüte. (Es sei denn, man abonniert einen der zahlreichen Pornokanäle.)

Vor allem aber ist Amerika das Land der Freiheit, wenn man Freiheit erstens auf Weiße begrenzt. Freiheit war in den ersten 200 Jahren für Weiße reserviert – und trotz neuer Gesetze ist das weitestgehend immer noch so. „Black Lives Matter“, nennt sich eine neue Bürgerrechtsbewegung. Auch schwarze Menschen zählen. Offensichtlich muss man Amerika regelmäßig daran erinnern! Insbesondere Polizei und Sicherheitskräfte. Haben Menschen aus Lateinamerika das Recht auf „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“, wie es so schön in der amerikanischen Verfassung heißt? Nur, wenn sie außerhalb der USA leben. Kann man ihre Kinder von ihren Eltern trennen und einsperren? Sicher. Beenden ein paar Proteste dieses unmenschliche Vorgehen? Nein. Weil es von viel mehr Menschen gutgeheißen wird. Wir reden hier ja schließlich nicht über weiße Kinder. Ist die amerikanische Öffentlichkeit ernsthaft darüber besorgt, dass die Kindersterblichkeit in schwarzen Wohnvierteln so hoch ist wie in der West Bank und Albanien, und höher als in Botswana, Argentinien oder Russland? Nicht dass ich wüsste. Und warum ist die Rate in den Südstaaten besonders hoch, und zwar zwei- bis dreimal so hoch wie bei Weißen? Unabhängig vom sozio-ökonomischen Status!1

Zweitens ist Freiheit im harten amerikanischen Alltag faktisch auf persönliche
materielle
Freiheit beschränkt. Vom Tellerwäscher zum Millionär, das ist die wahrhaft amerikanische Sehnsucht. Der ‚Amerikanische Traum‘, diese Fata Morgana, ist zuvörderst reserviert für jene, die schon privilegiert geboren werden, und für solche, die bereit sind, sich rücksichtslos so viel zu nehmen, wie sie kriegen können, egal auf wessen Kosten. Es kümmert niemanden, wie man seinen Reichtum erworben hat, wie die Roosevelts, Morgans, Vanderbilts, Carnegies oder Kennedys wurden, was sie sind. Trump hat seine Millionen schlicht geerbt, aber seltsamerweise halten ihn seine Anhänger für jemanden, der, wie sie, nicht zum Establishment gehört.

Reichtum als solcher wird bewundert und hat einen quasi religiösen Stellenwert. Das Fundament wurde gelegt von den ersten Kolonisten, von den Puritanern. Nirgendwo sonst in der Welt ist der Glaube so tief verwurzelt, dass Reichtum ein Zeichen der Gnade Gottes ist. Wenn du hart arbeitest und wenn er dich liebt, macht er dich reich. Calvinistische Ideen definieren Amerika, nicht der katholische Glaube. Noch heute ist der echte, der wahre Amerikaner ein WASP, ein weißer, angelsächsischer Protestant. Calvin ist der Held der Amerikaner, nicht Franz von Assisi.

Von Beginn an wurde Reichtum rücksichtslos erworben, er basierte auf Gewalt, Landraub und Genozid, und diese amerikanischen Helden, ob selbstgerecht und bigott, narzisstisch oder größenwahnsinnig, werden bis heute bewundert. Trump ist einer von ihnen. Der Maverick, der Einzelkämpfer, der harte Kerl, der sich durchsetzt, der sich behauptet und seinen Plan durchzieht, der alle aus dem Weg räumt und seinen Reichtum zur Schau stellt. Kein Wunder, dass seine Show, „The Apprentice“, so erfolgreich war. Das ist der Traum von Millionen von Amerikanern: so frei zu sein, dass sie mit dem Finger auf jemanden zeigen und sagen können: „Du bist gefeuert!“

Individualismus und Narzissmus

Der Individualismus blüht in Amerika und es mag schon stimmen, dass es kaum einen anderen Flecken auf der Welt gibt, wo man so sehr seinen eigenen Stiefel durchziehen kann wie dort. Es ist die definitiv wirkmächtigste Idee, einflussreicher als alle kommunitaristischen Vorstellungen, auch wenn sie in den USA immer existiert haben. Aber der Amerikanische Traum ist ein grundlegend individualistischer. Kein Politiker hat auch nur die geringste Chance, sollte er höhere Steuern vorschlagen, um ein besseres Wohlfahrtssystem zu finanzieren. Deshalb war (und ist) Trumps Kampagne gegen Obamas Gesundheitsreform so erfolgreich, nicht nur bei Wählern der Republikaner, auch viele Demokraten waren von Anfang an dagegen. Man besteht einfach auf dem Recht selbst zu entscheiden, wie und ob überhaupt man sich versichern will. Man lehnt sich auf gegen ein staatliches Zwangssystem, innerhalb dessen man für jedermanns Zahnbehandlung oder Krankenhausaufenthalt bezahlen soll. Persönliche Spenden für einen bedürftigen Nachbarn oder Stiftungen von Multimillionären sind da eine völlig andere Sache.2

Das Wohlergehen aller spielt allenfalls in präsidialen Reden zur Lage der Nation, Nationalfeiertags- und Inaugurationsreden eine Rolle oder bei Appellen an die eigene Nation im Gegensatz zu anderen. „Government for the people“, Regieren für das Volk wird verstanden als „Regieren für mich“, nicht für all die anderen sozialen Gruppen und Gesellschaftsschichten, sondern für meine. Im Ego schlägt das amerikanische Herz. Und Trump halten viele für charismatisch, weil er genau dafür steht. Trump ist Ego pur.

Dasselbe gilt international. Eines der am weitesten verbreiteten Missverständnisse über Amerika ist, es handele sich um eine patriotische Nation. Weit gefehlt. Amerika ist nationalistisch. Und es ist narzisstisch. Für den Durchschnittsamerikaner ist sein Land der Nabel des Universums. Gibt es ein anderes Land, das so unverschämt ist, seine nationale Sportliga (im Baseball) „Weltmeisterschaft“ zu nennen?

Amerika hatte immer eine herablassende Haltung gegenüber anderen Nationen, gegenüber anderen Völkern – ein weiterer Grund, warum Trump ein so geradezu angemessener Präsident ist. Sein exzessiver Gebrauch von Superlativen ist, wie gesagt, nichts Ungewöhnliches, sondern diese Volkes täglich Brot. Trump verkörpert den Glauben, dass das Beste, was einem menschlichen Wesen passieren kann, ist als Amerikaner geboren zu werden (die Erklärung, man ziehe es vor, in Deutschland zu leben, trifft in der Regel auf völliges Unverständnis). Als Amerikaner gehört man zur Creme de la Creme, zum Gelobten Land. Und als solches haben sie natürlich auch das Recht die Welt zu regieren. Man denke nur beispielsweise an die Worte des früheren Präsidenten George Bush, mit denen er erklärte, wie segensreich doch, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, der von den Amerikanern angeführte Unilateralismus sei (übrigens das Gegenteil von Demokratie), und hinzufügte, dass unter allen Nationen der Welt allein die USA das moralische Ansehen und die entsprechenden Mittel [!] habe, die Welt zu führen.3

Man stelle sich vor, irgendein anderer Staatsführer erklärte so etwas. Aber am amerikanischen Wesen soll die Welt genesen. Für Amerikaner nicht der geringste Grund einen Moment innezuhalten. Schließlich sagte Bush lediglich etwas völlig Selbstverständliches.

Trumps „make America great again“ machte sich diese Überzeugung zu Nutzen. Außenpolitik dient einzig diesem Ziel. Der Rest der Welt hat sich zu unterwerfen. Deshalb ist sein Handelskrieg so populär. Deshalb unterstützen auch Demokraten die Einmischung in europäische Energiepolitik. Auch sie sind überzeugt, dass sie das Recht haben anderen vorzuschreiben, was sie zu tun haben. Wohlgemerkt, im amerikanischen ökonomischen Interesse.

Die Unterstützung und Entwicklung aller Menschen auf der Welt ist nichts als amerikanische Folklore. Handelsverträge stellten stets sicher, dass Amerika am meisten von ihnen profitierte, z.B. durch Ausstiegsklauseln allein für die amerikanische Seite, sollte die tatsächliche Entwicklung (wie zu viele Importe in die USA) zu vorteilhaft für den Vertragspartner sein.4 Außerdem hatten amerikanische Regierungen nicht im geringsten Gewissenbisse bei der Unterstützung von Diktaturen, solange diese auf ihrer Seite standen und ihre Märkte für US-Firmen öffneten. Genauso selbstverständlich beraubten sie andere Völker ihrer demokratischen Rechte, wenn die es wagten, amerikanische Profite zu gefährden. Keiner hat die Wahrheit so unverblümt gesagt wie der frühere Sicherheitsberater und Außenminister Henry Kissinger: „Amerika hat keine dauerhaften Freunde oder Feinde, nur Interessen.“5

Zur Illustration reicht ein Blick auf die arabische Welt, wo die USA ein ums andere Mal ihren Fehler ideologischer und profitorientierter Politik wiederholen. 1953 half der CIA Mossadegh zu stürzen, den demokratisch gewählten Premierminister Persiens, schlicht und einfach, weil er die Ölindustrie verstaatlichen wollte, damit endlich die Iraner selbst von der Ausbeutung ihrer natürlichen Ressourcen profitierten, statt ausländischer Konzerne. An seiner Stelle setzten sie einen der brutalsten Diktatoren, den Schah von Persien ein und bildeten den berüchtigten Geheimdienst, die SAVAK, in Foltertechniken aus, um jedwede Opposition gegen eine Regierung zu unterbinden, die Milliarden-Dollar Profite der amerikanischen Ölindustrie sicherte – und billiges Benzin für amerikanische Verbraucher. Das Ergebnis war eine weitere, eine religiöse Diktatur, die des Ajatollah Khomeini. Die wiederum eine andere amerikanische Regierung bekämpfte, indem sie dessen diktatorischen Erzfeind Saddam Hussein mit mehreren Milliarden Dollar ökonomischer und militärischer Hilfe unterstützte, solange dies billiges Öl und politischen Einfluss garantierte.6

All das muss man berücksichtigen, um zu verstehen, warum Trumps Außenpolitik als Erfolg gewertet wird. Nicht nur seine glühendsten Anhänger interessiert es nicht im Geringsten, welche Konsequenzen seine Entscheidungen für andere Nationen, für andere Völker haben. Es ist ihnen völlig egal, was momentan mit den Kurden passiert. Putin hat die Krim annektiert? Na und? So haben wir Texas bekommen.

Demokratie und Heuchelei

Gemäß dem Mythos von der „Stadt auf dem Hügel“7 hat Amerika die göttliche Mission, das Licht der Zivilisation in die Welt zu tragen. Das ist ihr „Manifest Destiny“, ihr allen offenkundiges Schicksal, weil Gott die USA zu dem leuchtenden Beispiel für die ganze Welt machte, dem Musterstaat für Frömmigkeit, Freiheit und Demokratie. In Wirklichkeit ist die Geschichte Amerikas eine Geschichte der Gewalt, und zwar nicht, weil dieser Staat aus einem Unabhängigkeitskrieg hervorgegangen ist, sondern weil die Gewalt nie endete, weil sie integraler Bestandteil dieser Gesellschaft geblieben ist.8 Diese Nation wurde nicht geboren, weil Menschen einen Ort suchten, wo jeder in politischer und religiöser Freiheit leben konnte, sondern wo Weiße ihren einen Glauben leben konnten. Es gibt hunderte kirchliche Gruppen in Amerika, aber die meisten haben denselben Ursprung: Sie sind tief verwurzelt im Puritanismus des 17. Jahrhunderts. Alle anderen Glaubensrichtungen wurden lediglich geduldet, argwöhnisch beäugt und nicht selten diskriminiert.9

Amerika, der „Schutzpatron der Demokratie“? Der „Leuchtturm der Hoffnung“? Anhänger Trumps sehen ihrem Präsidenten dabei zu, wie er Menschenrechte, demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien mit Füßen tritt – und applaudieren ihm. Wenn dir die Demokratie dabei im Weg ist, „dein eigenes Ding“ zu machen oder eben das amerikanische, naja, dann kann man auch darauf verzichten. Ein Staat unter dem Recht? Ein Staat unter dem Dollarzeichen. Internationales Recht anerkennen? Niemals! George W. Bush machte sofort klar, dass man sogar militärisch intervenieren würde, sollte der Internationale Strafgerichtshof es je wagen, amerikanische Soldaten zu verhaften und anzuklagen, und bis heute weigerte sich jede US-Regierung, auch die des Friedensnobelpreisträgers Barack Obama, mit dem IStGH zu kooperieren. Dabei sind Abu Ghraib und das Massaker von Haditha nur zwei Beispiele von Kriegsverbrechen, die in jüngerer Zeit von amerikanischen GIs verübt wurden. Die aber stehen über dem Recht, zumindest über dem der Völkergemeinschaft.

Amerika war nie ein mächtiges, ein ‚großes‘ Land aufgrund seiner Demokratie. Was dieses Land groß machte, war ein grundlegend feudales System10, grenzenlose Gier und die Missachtung von Menschenrechten, und all das wurde und wird übertüncht mit institutionalisierter Heuchelei. Dieses Land basiert wie gesagt auf Gewalt, Landraub und einem Genozid, der mit puritanischer Enthumanisierung der indigenen Bevölkerung gerechtfertigt wurde11. Auf deren Blut und Knochen gedieh dieses Land. Der ökonomische Erfolg des 19ten Jahrhunderts gedieh auf dem Blut und den Knochen schwarzer Sklaven, die man als ‚bewegliches Eigentum‘ betrachtete. Chicagos Stolz „die Welt zu ernähren“ basierte auf dem Blut und den Knochen osteuropäischer Einwanderer. Die heutige Landwirtschaft ist abhängig von Blut und Knochen hispanischer Einwanderer.

Es gibt wohl kaum ein anderes Land, das sich moralisch dermaßen in die Brust wirft und gleichzeitig mit der größten Selbstverständlichkeit seine eigenen Grundsätze und Ideale missachtet. Amerikanische Regierungen ebenso wie die öffentliche Meinung waren schon immer in der Lage an zwei völlig konträre Dinge gleichzeitig zu glauben. Die ersten Siedler glaubten ernsthaft daran, gottesfürchtige Menschen zu sein und nach dem Wort Gottes zu leben. Dennoch massakrierten sie mehrere Millionen Indianer, als hätten sie niemals etwas von Nächstenliebe gehört oder dem Sechsten Gebot. Selbst die Unterzeichner der „Emancipation Proclamation“ von 1863, die offiziell die Sklaverei beendete, sahen keinen Widerspruch darin, selbst weiterhin Sklaven zu besitzen. Amerika glaubte fest an die in seiner Verfassung festgeschriebene ewige Wahrheit, dass alle Menschen gleich geschaffen sind, während zur selben Zeit Rassentrennung den Alltag prägte. Sie lobten ihren Gott dutzende Male am Tag, und dutzende Male am Tag erniedrigten, beleidigten, folterten und töteten sie Menschen mit dunkler Hautfarbe, beuteten sie aus und dankten Gott für das Essen auf ihrem Tisch. Sie loben sich selbst als den viel zu oft zitierten „Leuchtturm der Hoffnung“ für all die Geknechteten der Erde, als diejenigen, die überall auf der Welt Frieden und Demokratie verbreiten, während sie gleichzeitig mehr Demokratien verhindert oder zerstört haben als jede andere Nation in der gesamten menschlichen Geschichte. Lateinamerika kann ein Lied davon singen, von Nicaragua bis Honduras, von Chile bis Argentinien12. Man denke allein an die Schamlosigkeit diese Länder als den „amerikanischen Hinterhof“ zu bezeichnen! Dutzende Male intervenierten US-Regierungen, um autokratische Systeme, Militär- oder Familiendiktaturen zu unterstützen, Marionettenregime zu installieren und Unterdrückung, Tyrannei und Folter zu verbreiten. Angesichts dieser Politik war es doch angemessen, die Institution, die in den 1970er Jahren die Gefängniswärter und Geheimdienstler aller Diktaturen dieser Länder in Foltertechniken ausbildete, „School of the Americas“ zu nennen.

Asien – ein anderer Kontinent, dasselbe Vorgehen. Korea, Vietnam, Kambodscha, die Philippinen. Der Leuchtturm der Hoffnung war vor allem das Mündungsfeuer von Maschinengewehren und das Lodern von Napalm, waren Bomben, Kanonenboote und Elektroschocks.

All dies wurde und wird, im Großen und Ganzen, entweder ignoriert oder gar gutgeheißen. Der Vietnamkrieg war – eine Zeit lang – die einzige Ausnahme, aber viel zu lange wurde er von der Mehrheit unterstützt, bis man dann genug Gräueltaten zum Abendbrot serviert bekommen hatte, und bis zu viele junge Männer in Zinksärgen nach Hause kamen. Manche argumentieren, es wäre ein Segen, wenn die USA wieder zum Isolationismus zurückkehren würden. Aber erstens waren sie nie wirklich isolationistisch. Und zweitens ist das in einer globalisierten Welt ohnehin keine Option. Drittens mögen sie vielleicht ihre Truppen aus einigen Kampfgebieten zurückziehen. Aber auf was sie niemals verzichten werden, ist ihr Anspruch die Weltpolitik zu dominieren. Auch hier weiß Trump eine Mehrheit der Amerikaner hinter sich, die sich lediglich an toten GIs aus Afghanistan oder Syrien stört. Deshalb freuen sie sich, wenn ihr Präsident die ‚Jungs‘ nach Hause holt. Dass jetzt Kurden sterben und alle Hoffnung auf Unabhängigkeit vergessen können – Pech gehabt.

Paranoia und Führerkult

Eines der beunruhigenden Charakteristika der USA, ein oft übersehenes und deshalb für manchen überraschendes, ist, dass neben den basisdemokratischen Traditionen und der Abneigung gegen ‚den Staat‘, gegen ‚Washington‘ auch tendenziell faschistische Einstellungen in der amerikanischen Kultur verwurzelt sind.

Jedem fällt wahrscheinlich sofort der offenkundige Rassismus ein. Er ist nach wie vor höchst virulent und allgegenwärtig. Aber nicht nur aktuell wegen Trumps zweideutiger Haltung gegenüber dem Ku Klux Klan. Der war nie tot und bekam schon vor Trump wieder neuen Zulauf. Wie lebendig der Rassismus in den USA immer noch ist, fällt keinem normalen Touristen im Yosemite Park oder den Florida Keys auf. Aber wenn man einen Polizisten beobachtet, der einen Farbigen, der die Straße hinunterschlendert, anhält und kontrolliert. Oder in alltäglichen Gesprächen über Kriminalität. Oder in Schulbuchtexten über die Ureinwohner. Auf Fox News. In Breitbart Chats. Ein paar Jahre lang hielten sich Rassisten zurück. Jetzt holen sie sich die öffentliche Debatte zurück – nicht nur Dank Trump. Und ihre Zahl steigt.

Zudem gibt es etwas, das Menschen besonders anfällig macht für rassistische und/oder faschistische Ideen: Angst. Und die gibt es in den USA im Übermaß. „The home of the brave“, die Heimat der Tapferen, wie es die Nationalhymne verkündet? 13 Eher die Heimat der Paranoiden14. Amerikaner ängstigen sich vor allem Möglichen: vor Terroristen und Muslimen, Killern und Schlägern, Schwarzen und Roten, vor Gift in Süßigkeiten an Halloween und vor Killerbienen, vor Ungeziefer, Viren und Bakterien (Werbespots für Sanitärprodukte sind in dieser Hinsicht wirklich umwerfend). Übertrieben ängstliche Menschen neigen zur Irrationalität und die lässt sie jedweden vermeintlichen Schutz suchen, der  ihnen geboten wird. Eine beliebte Lösung ist sich zu bewaffnen. Aber damit nicht genug. Das Gefühl der Unsicherheit führt gerade in den USA zu einer stetig wachsenden Zahl privater Milizen und paramilitärischen Bürgerwehren mit eindeutig rassistischem, fremdenfeindlichem und nationalistischem Weltbild. Man begegnet ihnen nicht auf den Straßen der kosmopolitischen Großstädte, aber in der Weite ländlicher Regionen, im Herzen Amerikas und im sogenannten Bibel Gürtel – dort, wo Wahlen entschieden werden.

Drittens hat die Geschichte Amerikas gezeigt, dass sein System aus checks and balances, aus Kontrolle und Gegenmacht nicht immun ist gegen totalitäre Tendenzen. Bigotterie, Rassismus, ideologischer Dogmatismus und Paranoia waren verantwortlich für die zwangsweise Umsiedlung und Internierung von 120.000 Japanern während des 2. Weltkriegs. Und sie führten in die McCarthy Ära. Man mag dies für Ausnahmen halten. Die ideologische Basis und das vorherrschende Klima der Angst existieren jedoch weiter und können in vergleichbaren Situationen einer äußeren oder inneren Bedrohung, ob real oder nicht, aktiviert und instrumentalisiert werden. In gewisser Weise ist Trump damit bereits heute erfolgreich.

Darüber hinaus haben Populisten wie er leichtes Spiel, Anhänger zu finden in einer Kultur der Heldenverehrung und des Führerkults. Die Amerikaner lieben den taffen Einzelkämpfer und vor allem bewundern sie Führerfiguren, Menschen, die aus der Masse der Normalsterblichen herausragen. Eines der größten Komplimente, die man einem Amerikaner machen kann, eine der wichtigsten Eigenschaften, wenn es um Beförderung geht, ist ein „echter Führer“ zu sein. Er ist ein beliebter Topos in allen Reden auf Abschlussfeiern an High Schools, Colleges und Universitäten, wenn die Zukunft dieser Studenten ausgemalt wird. Einmal im Jahr veröffentlicht das TIME Magazine eine gesamte Ausgabe mit nichts als den „Future Leaders“, wobei der zentrale Aspekt nicht ist, dass diese Menschen etwas Besonderes getan oder erreicht hätten, dass sie etwas besonders gut können oder einen gewissen Einfluss haben, sondern dass sie Anführer sind, dass sie oben stehen, dass sie der unbedeutenden Masse zeigen, wo es lang geht. Im Amerikanischen Traum geht es nicht darum, ein unbeachtetes, anständiges Leben zu führen. Amerika akzeptiert und bewundert allein den Anführer, den Sieger. „Du gewinnst nicht Silber, du verlierst Gold“ lautete Nikes berühmt-berüchtigter Slogan während der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta. Und was war George W. Bushs Hauptargument im Kampf um seine Wiederwahl? Ich habe bewiesen, dass ich euch führen kann! Das reichte. Wohin? Wen interessiert das schon.

Propaganda und Ignoranz

Man muss es leider so deutlich sagen: die Komplexität von Innen- und Außenpolitik, von Politik und Wirtschaft insgesamt, sind ein riesiges schwarzes Loch für den Durchschnittsamerikaner. Ihre Ignoranz, sorry, ist legendär. Die große Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung hat ein relativ niedriges Bildungsniveau, insbesondere was Kenntnisse über den Rest der Welt betrifft. Von folkloristischen Kuriositäten abgesehen wissen sie wenig über andere Kulturen und sind an genaueren Kenntnissen meist auch nicht wirklich interessiert. Die Idee, dass Amerikaner etwas von anderen Völkern lernen könnten, finden die meisten ziemlich abwegig. Wieso sollten sie wissen, wie andere Nationen politische, wirtschaftliche und soziale Probleme lösen, wie Staat und Gesellschaft organisiert sind – schließlich sind sie Amerikaner und die sind ja bekanntermaßen die Besten, die allen Überlegenen.15 Sie sind die am weitesten entwickelte Spezies auf dem Planeten (vielen Hollywood-Filmen nach zu urteilen sogar des Universums). Was um alles in  der Welt sollten die von anderen lernen?

Ja, was? Im Bildungswesen vielleicht? Sicher, Amerika hat ein paar der besten Universitäten, hat viele ausgezeichnete Wissenschaftler hervorgebracht und weltbewegende Erfindungen gemacht, aber wenn man sich im ganzen Land umsieht, ist das allgemeine Bildungsniveau ziemlich desaströs, vor allem, was breite Horizonte angeht. Zu erkennen zum Beispiel in Schulbüchern. In einem Erdkundebuch für Neuntklässler findet sich eine Wirtschaftskarte Deutschlands, auf der sich drei comicartige Bilder finden: ein rosa Ferkelchen im Norden, ein Brikett in der Mitte, ein Bierhumpen im Süden. Muss man sonst noch was wissen? Das Curriculum in den meisten Fächern konzentriert sich auf Amerika, und diese  Selbstbezogenheit wird am deutlichsten im Fach Geschichte. In den meisten Bundesstaaten gibt es ein Pflichtfach, Amerikanische Geschichte, in dem man viel über die Großtaten der Präsidenten hört, insbesondere der Gründungsväter, deren Lebensdaten jeder Schüler auswendig lernt. „Weltgeschichte“ hingegen ist ein Wahlfach. Generell muss man feststellen: die Banalität vieler Inhalte und die unkritische Eigenglorifizierung, nicht nur im Fach Geschichte, sind für einen Nicht-Amerikaner schon schockierend genug. Zudem sind viele Schulbücher wissenschaftlich schlicht unseriös.16

Da Leistungsüberprüfungen in Amerika weitgehend standardisiert sind, konzentrieren sich Lernende weniger darauf, einen Stoff kritisch zu durchdringen, sondern abfragbares Wissen zu memorieren und wiederzugeben, schließlich bestehen die meisten Prüfungen überwiegend aus Multiple-Choice Aufgaben, ob bei Klassenarbeiten oder dem SAT- bzw. ACT-Test (zur Zulassung an Universitäten).17 Der Durchschnittsamerikaner lernt nicht zu hinterfragen, sondern zu akzeptieren und wiederzukäuen.

Betrachtet man nun das allgemeine Informationsniveau, so sieht man – ebenfalls ziemlich wenig. Erstens kann man selbst in der seriösen, in der hochgeachteten Presse nur wenig über Lateinamerika lesen, ein bisschen über Europa und Asien und fast gar nichts über Afrika. Zweitens liest, im Vergleich zu Europa, nur ein fast verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung diese Zeitungen, ob gedruckt oder digital.18 Lebt man im ländlichen Raum, kann man die New York Times oder die Washington Post nicht einmal im Supermarkt oder an einem Zeitungsstand kaufen. Die große Mehrheit bekommt ihre Informationen aus dem Fernsehen und aus den sozialen Netzwerken, und vor allem von einem Sender, der wegen seiner haarsträubenden Propaganda und offenen Hetze in Europa verboten wäre, von Fox News.

All das macht Populisten und selbsternannten Führern natürlich das Leben äußerst leicht, denn der Anteil der Menschen, die nie gelernt haben, Fakten von Lügen zu unterscheiden und Propaganda zu erkennen, ist in den USA besonders hoch. Zugegeben, die Informationsexplosion des Internetzeitalters macht dies zunehmend schwerer, auch bei uns. Aber in den USA sind die Folgen besonders verheerend – und paradox. Auf der einen Seite schießen Verschwörungstheorien ins Kraut, so lächerlich sie auch sein mögen. Auf der anderen Seite zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass eine steigende Zahl von Amerikanern Journalisten und Politikern nichts mehr glauben, einfach weil sie sich nicht in der Lage fühlen, die Wahrheit herauszufinden. Die momentan häufigste Schlussfolgerung ist so simpel wie bequem: man glaubt schlichtweg gar nichts mehr und niemandem mehr, und entweder wählt man auch nicht (was ohnehin schon zur amerikanischen Tradition gehört) – oder man fällt eben auf Populisten herein. Für treue Trump-Anhänger ist all das kein Problem, da ihnen ohnehin Wissenschaft, Fakten und Wahrheiten gleichgültig sind. Sollte Trump morgen erklären, dass die Erde eine Scheibe ist und der Globus eine Erfindung von Hillary Clinton, sie würden es ohne zu zögern glauben.

Schalen Spaß beiseite, die Kombination aus Überlegenheitsgefühl und moralischem Sendungsbewusstsein, oberflächlicher Bildung und banaler bis propagandistischer Medienwelt gepaart mit kultureller Ignoranz machen die Bevölkerung äußerst verführbar für simple Botschaften und autokratische Lösungen populistischer oder charismatischer Führer.

Weckruf

Und worauf läuft das alles hinaus?

Keiner sollte sich wundern, wenn Trump wiedergewählt wird. Nicht nur, dass sich seine Wähler nicht an seinem Rassismus stören, an seinen Lügen, seiner Frauenfeindlichkeit, seinem aggressiven Nationalismus, seinen beleidigenden Tweets, seinem mangelnden Respekt für demokratische und rechtsstaatliche Regeln. Wie vor drei Jahren gibt es tausende eigentlich liberal gesinnte Menschen, die vielleicht seinen Charakter nicht mögen, aber seine Politik.

Dennoch wird Trump die amerikanische Demokratie nicht völlig zerstören, aber je länger er im Amt ist, umso mehr wird er sie unterminieren, umso mehr könnte er zum Wegbereiter werden. Die Demokratie in Amerika erodiert bereits, und was skeptisch macht und nicht auf schnelle Abhilfe hoffen lässt, ist das weitverbreitete Desinteresse an Politik, ist die Weigerung aktuelle politische Themen auch alltäglich zu diskutieren,  beim Abendessen in der Familie oder bei der Grillfete mit den Nachbarn. 60 % Wahlbeteiligung bei Präsidentschaftswahlen gelten als sensationell. An Gouverneurswahlen beteiligen sich gerade mal 30-40 %! Der Rest zeigt nicht mal Interesse daran zu beeinflussen, von wem man regiert wird. Unter anderem, weil Millionen davon überzeugt sind, dass Wahlen ohnehin nichts ändern, dass es keinerlei Unterschied macht, wer gewählt wird, weder für das eigene Leben noch für die gesamte Nation, da die wirklich zentralen Entscheidungen von den Managern der großen Konzerne gefällt werden.

Diejenigen demokratischen Kandidaten, die für andere Konzepte und eine Neuorientierung insbesondere der Sozial- und Wirtschaftspolitik stehen, haben keine reelle Chance. Elizabeth Warren, Bernie Sanders oder Marianne Williamson, die nach europäischen Maßstäben ohnehin nur relativ harmlose sozialdemokratische Ziele verfolgen, werden nach altem Strickmuster als „Sozialisten“ verunglimpft, einem Ausdruck, der apokalyptische Visionen hervorruft in einem Land, das Mühe hat, das Wort korrekt zu schreiben, geschweige denn seine Bedeutung zu verstehen. Und von einem Kandidaten wie Joe Biden erwartet von vornherein niemand etwas nennenswert Anderes. Er würde einfach etwas netter sein als Trump und seine Entscheidungen wären nicht so unberechenbar.

Bleibt zu hoffen, dass die große Mehrheit endlich aufwacht. Trumps erster Wahlerfolg hätte schon ein unüberhörbarer Weckruf sein sollen. Aber es blieb seitdem bei ein paar Demonstrationen hier, ein paar deutlichen Worten da. Ein Impeachment, selbst wenn es überraschenderweise erfolgreich sein sollte, wird die strukturellen Probleme nicht lösen. Die Frage ist, ob die zweifellos vorhanden echten Demokraten Amerikas früh genug ihre Stimme erheben werden, und laut genug, um eine landesweite Bewegung in Gang zu setzen, um dieses außergewöhnliche Land zu reformieren und seinen humanistischen Idealen doch noch zum Durchbruch zu verhelfen.

Fußnoten

1  Es gibt erdrückende Beweise für Rassismus als entscheidendem Faktor; z.B.:

  https://www.prb.org/colordivideininfantmortality/Zugriff 26.11.19

https://www.americanprogress.org/issues/early-childhood/reports/2018/02/01/445576/exploring-african-americans- high-maternal-infant-death-rates/Zugriff 26.11.19

2  Es gibt in den USA eine lange und viel stärkere Tradition als in Europa Stiftungen zu gründen, eine Tradition die ebenfalls ihre Wurzeln im calvinistisch-puritanischen Glauben hat.

3  “We must step forward and accept our responsibility to lead the world. […] Among the nations of the world, only the United States of America has had both the moral standing, and the means to back [its leadership] up. We are the only nation on this earth that could assemble the forces of peace.”

https://www.infoplease.com/primary-sources/government/presidential-speeches/george-h-w-bushs-state-union-address/Zugriff 4.12.19

4  Siehe: Sadar, Z. / Davies, M.W.: Why do People Hate America? Icon Books, Cambridge, 2002.

Zitiert in: D’Souza, Dinesh: What’s So Great About America? Regnery, Washington, 2002.

6  Es gibt einige Bilder von Donald Rumsfeld mit seinem Kumpel Saddam Hussein, z.B.:

https://www.pinterest.de/pin/549368854520850470/

https://skeptics.stackexchange.com/questions/14306/was-there-a-deep-us-involvement-with-saddam-osama-and-gaddafi?noredirect=1&lq=1;

  Weitere Quellen (insbesondere die National Security Archives):

  https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB82/: summary of US support of s.H. in national security archives

https://www.theguardian.com/world/2002/dec/31/iraq.politics

https://www.dailymail.co.uk/news/article-153210/Rumsfeld-helped-Iraq-chemical-weapons.html

7  Von dem Puritaner John Winthrop 1630 in einer Predigt geschaffener Mythos, wonach, unter Berufung auf Bergpredigt und Matthäusevangelium, die puritanischen Siedler Gottes auserwähltes Volk seien; zahlreiche Präsidenten haben sich immer wieder darauf bezogen, bis zu Kennedy, Reagan und Bush.

8  Gewalt ist ubiquitär in Amerika, es ist ein fast natürlicher Teil des Alltags, national (jährlich hunderttausendfacher Mord und Totschlag und Vergewaltigung im Fernsehen, über 30 Tötungsdelikte täglich im realen Leben, Gewalt und Erniedrigung in unmenschlichen Umerziehungslagern, Gefängnissen und Kasernen) und international (vom Waffenhandel über Drohnenangriffe bis Krieg).

9  Katholiken z.B. (siehe etwa die Aversionen der „Plymouth-Rock-Americans“ gegen die Kennedys, oder all die katholischen Kirchen, die bis in die Gegenwart vom Ku Klux Klan niedergebrannt werden)

10 Man denke an den dominierenden Einfluss von Familienkonzernen oder politischen Dynastien der Morgans, der Carnegies, Rothschilds, Bushs, an die Rinderbarone und Sklavenhalter; an gute Bildung, die weitgehend für die Elite reserviert ist; an soziale Segregation, vor allem was Wohnen betrifft; an das amerikanische Wahlrecht, das es bis heute ermöglich bestimmte Gruppen zu diskriminieren, und an das Wahlmännergremium, das zeigt, wie wenig die Elite der eigenen Wahlbevölkerung traut.

11 1676 schrieb Increase Mather, ein einflussreicher puritanischer Pfarrer, u.a. über die Heiden, mit denen die Siedler leben, „deren Land Gott-Vater uns als rechtmäßigen Besitz gegeben hat“ und stellt fest, dass die Ureinwohner eine Plage seien „deren Ausrottung notwendig ist, um den göttlichen Plan zu erfüllen“.

  Zitiert nach:

https://www.learner.org/series/amerpass/unit03/context_activ-2.html

12 https://www.yachana.org/teaching/resources/interventions.html   

https://www.trtworld.com/americas/the-secret-history-of-us-interventions-in-latin-america-23586

  Sadar/Davies, 2002.

13 In Afghanistan? Die bestausgerüstete Armee gegen ein Land, das bereit von 20 Jahren Krieg verwüstet war? Oder im Irak? Ein überdimensionaler Schwarzenegger wie ein Christbaum behangen mit modernster Waffentechnik gegen einen Zwerg mit einem Küchenmesser. Wie mutig.

14 Mit humorvollem Sarkasmus aufs Korn genommen in einem sehenswerten Cartoon in Michael Moores „Bowling for Columbine“.

15 Der neueste Beispiel für das amerikanische Desinteresse und erschreckende Ignoranz sind die aktuellen (Dez. 2019) Enthüllungen über den Krieg in Afghanistan.

16 Eine interessante Lektüre ist in diesem Zusammenhang James W. Loewen’s “Lies My Teacher Told Me”.

17 Selbst in Mathematik! Zum Teil wird auch einfach die Bedeutung bestimmter Wörter abgefragt, weshalb viele Schüler/Studenten lange Listen ungebräuchlicher englischer Wörter auswendig lernen.

18 Die Washington Post, die so oft in Europa zitiert wird, lesen täglich 70.000 Menschen; hinzu kommen 1,7 Mio. digitale Abonnenten – bei einer Bevölkerung von 330 Mio.! Das Wall Street Journal, die größte amerikanische Tageszeitung, verkauft täglich 750.000 Exemplare und hat 1,8 Mio. digitale Abonnenten.

https://www.niemanlab.org/2019/07/the-l-a-times-disappointing- digital-numbers-show-the-games-not-just-about-drawing-in- subscribers-its-about-keeping-them/

https://www.agilitypr.com/resources/top-media-outlets/top-15-daily- american-newspapers/

  Zum Vergleich siehe:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/73448/umfrage/auflage-der-ueberregionalen-tageszeitungen/

Facebooktwitterredditpinterestlinkedinmail

7 Antworten auf „THE TIMES THEY ARE A-CHANGING ?“

Ein hochinteressanter Artikel, dem ich inhaltlich voll zustimmen kann!!!!!!!!! Ergänzend würde ich noch als einen der Erfolgsgründe Trumps den nicht unbedeutenden Einfluss der Evangelikalen
bzw. deren fundamentalistisches Weltbild anführen: Die Einordnung der Welt in gut und böse (man selbst gehört natürlich zu den Guten bzw. Auserwählten). Den Fundamentalisten wird ein Ordnungsrahmen für ihr Leben vorgegeben, ihnen wird gesagt, was sie zu tun oder zu lassen haben. Man muss sich deshalb nicht mehr mit den komplexen Problemen im Leben auseinandersetzen!!!!!!! Übrigens auch bei den Vorgängern von Trump wie z. B. Bush spielte der evangelikale EInfluss eine nicht unerhebliche Rolle.

Die Evangelikalen sind sicher die einflußreichste Gruppe. Ich habe summarisch von Protestanten bzw. Puritanern gesprochen, um den historischen Bezug deutlich zu machen.

Hei Wolfgang,
glaubst Du dass die Amis Dich nach diesem Artikel noch einreisen lassen werden? Big Brother is watching you. Mir wärs egal, dieses crazy Land will und werde ich eh nicht mit meinem Besuch beehren.
Weiter so,
Hans

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert