Als der Club of Rome 1972 seinen Bericht zu den Grenzen des Wachstums veröffentlichte, gab es zahlreiche Gründe, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken, hatten wir doch genügend Zeit, die diversen Umweltprobleme zu lösen. Im Laufe der Jahrzehnte wurden es leider immer weniger Gründe.
Zwar gab es durchaus kleine Erfolge zu vermelden, wie beim Ozonloch, dem Waldsterben oder den erneuerbaren Energien. Aber es dauerte lange, sehr lange, bis eine ausreichende Zahl von Menschen die Zeichen der Zeit erkannte. Die meisten Probleme blieben liegen. Und neue wurden geschaffen.
Und so gingen die Jahre ins Land und die Gifte in Boden, Luft, Wasser, Tier und Mensch. Aus Fragen wurden Gewissheiten, aus Unwissen und Vermutungen wissenschaftliche Erkenntnis, aus angeblichen Katastrophenszenarien Realität und so manches Worst-Case Szenario stellte sich als zu optimistisch heraus. Konferenzen gab es, auf denen sich die Konferierenden selber feierten, ohne wirklich Entscheidendes zu entscheiden; Absichtserklärungen galten als großer Erfolg, Regierungen weltweit verlegten den Amtssitz ins Wolkenkuckucksheim.
Jahrhunderttemperaturen im Jahreswechsel, Gletscher und Pole schmelzen in niemals für möglich gehaltenem Tempo, steigende Meeres- und sinkende Grundwasserspiegel, extreme Wetterlagen keine Ausnahme, sondern die Regel, sich rasant beschleunigendes Artensterben, Korallensterben, Versteppung, Plastikmeere, eine erste wirklich globale Pandemie mit mehreren Millionen Toten. Die Liste ließe sich mühelos fortsetzen.
Gleichzeitig verschärfen sich durch diese Entwicklung alle anderen Konflikte auf der Welt, von der Konkurrenz der Nationen um Ressourcen über die sozial-ökonomische Ungleichheit bis zur Migration der global Unterprivilegierten.
Und? Ist die Menschheit aufgewacht? Sie ist es nicht einmal wirklich in Deutschland, das sich für einen Pionier des Umweltschutzes hält. Der eine Koalitionspartner zuckt mit den Schultern, der andere steht bei der Ökologie auf der Bremse und im Porsche auf dem Gaspedal. Und der Dritte akzeptiert ganz staatspolitisch verantwortlich all das, was er zu vermeiden angetreten war.
Derweil verweigert sich die Bevölkerung nach wie vor der Erkenntnis, dass es eine gesündere Umwelt nicht umsonst gibt, dass alle nicht erneuerbaren Energien teurer, viel teurer werden müssen, dass ihr verschwenderisches Konsumverhalten selbstmörderisch ist, dass zwei Grad weniger Raumtemperatur und ein warmer Pullover kein Wohlstandsverlust sind, dass das Nackenkotelett heute kein Stück Lebensqualität mehr ist, sondern im Gegenteil für das Abholzen der Regenwälder, Hungersnöte und Zivilisationskrankheiten bei Mensch und Tier verantwortlich ist.
Statt endlich konsequent zu handeln, trennen wir mit stolzgeschwellter Brust den Müll, den wir hätten vermeiden können und kaufen nach wie vor immer größere Autos, die die Fortschritte beim Benzinverbrauch wieder komplett zunichtemachen. Wir träumen weiter von technischen Innovationen, die vielleicht irgendwann, wenn sie denn tatsächlich funktionieren, unsere Umwelt hätten retten können. Wir träumen von sicherem Leben hinter hohen Grenzmauern und Palmen an der Nordsee.
Hoffnung? Jetzt? Die Erde brennt. Und Deutschland setzt wieder auf Kohle, so wie Polen, China, Australien. Fracking – energetisch, geologisch und ökologisch eine Farce – wollen manche jetzt endlich auch bei uns. Kernenergie, die vom gesamten Produktionszyklus vom Uranabbau bis zum Endlager gesehen teuerste und gefährlichste Energieform, erlebt ein hirnerweichtes Revival.
Hoffnung? Jetzt? Der CO2-Ausstoß steigt weiter an, und das trotz weltweiten Lockdowns. Permafrostböden tauen auf, Meeresböden sollen zu Minen werden, egal wie viel Methan dabei frei wird, Naturschutzgebiete und Regenwälder werden zur Ausbeutung freigegeben, in den USA wird ein mickriges Pflänzchen Hoffnung auf mehr Klimaschutz von vernagelten Obersten Richtern und Politikern niedergetrampelt. Und in Deutschland kriegen wir nicht einmal ein Tempolimit hin.
Immer noch ist der Aufschrei groß, sobald jemand Ge- und Verbote fordert, staatliche Vorgaben und gesetzliche Regelungen zu Grenzwerten und Produktionsverfahren, die endlich den Weg in eine wirklich nachhaltige Lebensweise ebnen würden. Öko-Diktatur? Regt euch ab. Je kaputter die Erde, desto mehr Länder werden zu Diktaturen mutieren im Kampf gegen Migranten von außen und sozialen Unruhen im Inneren. Davor sollten wir uns fürchten, nicht vor Gesetzen, die ja nur deshalb notwendig werden, weil wir partout unser Verhalten nicht freiwillig, aus Einsicht ändern wollen!
Genauso richtig ist allerdings, dass man sich Umweltschutz auch leisten können muss. Deshalb ist es müßig zu betonen, dass ein radikal-ökologischer Umbau sozial-ökonomisch abgefedert muss, denn diejenigen, die als erste von der Umwelt bestraft werden, sind die sozial ohnehin schon Abgehängten, national wie global. Geld dafür ist reichlich vorhanden in einer Gesellschaft, in der in den nächsten Jahren Milliardensummen vererbt und riesige Vermögen von einer Sozialabgabe verschont werden; in einem Staat, der es sich leisten kann, 100 Mrd. mal eben so aus dem Ärmel zu schütteln für militärische Zwecke. Aber vielleicht denken manche Menschen ja schon zynisch daran, dass wir uns bald nicht nur vor einer, sondern vor zehn und mehr Millionen Umweltflüchtlingen schützen müssen?
Nein, es gibt wenig Grund zur Hoffnung. Die meisten Umwelt- und Klimakatastrophen können wir ohnehin nicht mehr verhindern, allenfalls abmildern. Die 1,5 Grad sind schon heute passé. Nur wenn sofort und radikal gehandelt wird, schaffen wir vielleicht zwei Grad. Das wird schon hart genug. Viel Zeit bleibt uns Menschen nicht, doch noch zu beweisen, dass wir nicht nur Intelligenz, sondern auch Verstand besitzen.
Und deshalb möchte ich nach sage und schreibe 50 Jahren eines nun wirklich nicht mehr hören: dass das alles reine Panikmache sei.
[Dazu passt dieser Ausschnitt von Hagen Rether, der an drastischer Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt:]
https://www.youtube.com/watch?v=FmLU0MoRa9A
2 Antworten auf „Hoffnung? Woher?“
Ich stimme dir zu, noch Hoffnung zu haben, wird immer schwerer. Aber Schwarzsehen und denken das früher alles besser war ist dafür sehr modern. Ich will mich also nicht auf den Standpunkt stellen das es jetzt zu spät ist, die Folgen werden nur immer unangenehmer und es wird immer teurer werden, wenn man dann doch etwas tun muss. Ich denke daher, das es einfach noch viel schlimmer werden muss, bis es besser werden kann, mehr Seuchen, neue Pademien, Artensterben und Klimakatastropfen die hunderte von Milliarden vernichten werden. Und vielleicht irgendwann wenn wir merken das die Bevölkerungszahlen seit Jahren auf einmal rückläufig sind, vielleicht machen wir dann etwas.
Was viele nicht sehen, ist das die Umwelt nicht biblisch etwas ist, das und Gott zum Konsum gegeben hat, sondern das dies einfach nur unser Zuhause ist. Wenn wir alle weg sind, wird es der Welt weiter prächtig gehen, neue Arten und ein neues Gleichgewicht, aber dann lebensfeindlich für uns, wir sägen einfach nur auf dem Ast auf dem wir sitzen.
Schwarzsehen ist kein guter Ratgeber, stimmt. Das ist aber auch nicht gleichbedeutend mit dem Spruch, früher sei alles besser gewesen. Auf die Umwelt trifft das allerdings schon zu. Der englische Umweltphilosoph Lovelock ist ja der Meinung, das Gaia, die Erde, ein lebender Organismus ist, der sich gerade mit Hilfe der diversen Katastrophen vom Virus Mensch befreit. Ich denke, wenn der Mensch noch eine Existenzberechtigung behalten soll, dann muss er zu der Erkenntnis der Naturvölker zurück, dass der Mensch nicht Herr, sondern Teil der Natur ist und nur dann in ihr überleben kann, wenn er ihr mit Dankbarkeit und Respekt begegnet. Die christliche Hybris, der Mensch müsse sich die Erde Untertan machen, ist eines unserer ‘humanen’, sozusagen nicht-natürlichen Übel.