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Allgemein Der tägliche Wahnsinn

Schmierentheater

Ich hätte es wissen müssen. Vor zwei Monaten schrieb ich:

„Was ist zu erwarten, wenn Inhumanität, Autokratie und völkisches Gedankengut nicht mehr bekämpft, sondern mit ihren Vertretern kooperiert wird? […] Man mag es sich nicht ausmalen. Dann stünden wir in der Tat an einer Zeitenwende. Dann könnte sich das Gespenst [des Faschismus] als höchst realer Wiedergänger entpuppen.“ (https://www.myview-wolfgangmebs.de/neue-dunkle-zeiten/ )

Und nun dieses unsägliche Schmierentheater. Thüringer CDU und FDP ekeln sich dermaßen vor Roten, dass sie lieber mit Braunen kuscheln. Wie widerwärtig das Ganze ist, brauche ich gar nicht zu wiederholen; das sieht zum Glück im Moment die überwiegende Mehrheit so, mal abgesehen von dem von nun wirklich den letzten guten Geistern verlassenen Wolfgang Kubicki, der diese hochbrisante politische Verantwortungslosigkeit doch tatsächlich als „großartigen Erfolg“ bezeichnet.

Ein Ministerpräsident, der weder ein Kabinett, noch ein Programm hat, der bei der Verkündung des Wahlergebnisses aussieht, als frage er sich, wie er in diesen grottenschlechten Film gekommen ist, der sich zur Marionette nicht irgendeines, sondern des demokratiefeindlichsten, rechtsnationalistischsten Vertreters der AfD gemacht hat, ein Ministerpräsident, mit dem niemand, der sich noch einen Rest politischen Anstand bewahrt hat, zusammenarbeiten will, der doch nicht ernsthaft glauben kann, dass diejenigen, die er gerade dermaßen aus ideologischer Verblendung abserviert hat, sich mit ihm an einen Tisch setzen würden – das soll ein Erfolg sein? Wenn das, so wiederum Kubicki, die demokratische Mitte ist, die da gesiegt hat – na dann, gute Nacht.

Meine Befürchtung dunkler Zeiten bezog sich auf Regierungsbeteiligung und Regierungsämter der AfD, die sich der Thüringer CDU-Vorsitzende Mike Mohring ja durchaus vorstellen kann. Die hat die AfD zum Glück noch nicht. Jetzt kann man nur hoffen, dass die Ereignisse im Thüringer Landtag gerade noch rechtzeitig kommen und einen heilsamen Schock auslösen und für alle, die mit einer Zusammenarbeit mit der AfD liebäugeln zum Pyrrhussieg werden.

Für die anstehenden Neuwahlen in Thüringen ist allerdings zu befürchten, dass die feixende AfD noch mehr Grund zur Freude hat. Sie könnte dann zur stärksten Partei werden, denn jetzt können rechte Sympatisanten in der CDU gleich das Original wählen. Und dass die FDP ihr Ergebnis verbessert, darf nach diesem Auftritt doch stark bezweifelt werden. Die angebliche demokratische Mitte in Thüringen hat sich gerade selbst überflüssig gemacht.

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2 Antworten auf „Schmierentheater“

Jetzt kam wenigstens noch ein Aufschrei. Sorgen machen ich mir um das nächste und übernächste Mal, wenn es dann keine große News mehr ist und dann die Kommentare eher lauten werden: „Demokratie ist nicht nur wenn man das Ergebnis mag“.

Wie gehen wir generell in Zukunft damit um wenn ein nicht unwesentlicher Teil unserer Mitbürger Fremdenfeindlich sind und dieser bildungsferne Teil auch per Definition nicht über Bildung erreicht werden kann?

Die radikalsten Organisationen dieser Gesinnung (wie diverse Wehrsportgruppen oder Nordkreuz) kann man und muss man sicher verbieten, um deutlich zu machen, was unsere Gesellschaft nicht duldet, und dass wir die im Grundgesetz verankerte wehrhafte Demokratie ernst nehmen. Den sich bürgerlich tarnenden Rechtsradikalismus kann man nur weiter politisch bekämpfen und hoffen, dass diejenigen, die man mit Bildung, Vernunft oder Appelle an Empathie und Menschlichkeit nicht erreichen kann, in der Minderheit bleiben. Sollten Sie gewählt werden und in Parlamente kommen, wie die AfD, muss man das natürlich in einer Demokratie hinnehmen. Noch vertraue ich darauf, was Deutschland angeht, dass auch weiterhin die Mehrheit aus demokratischen Parteien besteht, und aufgrund zahlreicher institutioneller Vorkehrungen könnten Faschisten unser System nicht so einfach ändern wie in Weimar. Sollte es dennoch, z.B. weil insgesamt in Europa (was ich eher befürchte) autokratische und rassistische Strömungen die Überhand gewinnen oder die kommenden Umweltkatastrophen zur Verschärfung politischer, ökonomischer und sozialer Konflikte führen und Rechtsradikalen zur Macht verhelfen, dann bleibt nur noch das Widerstandsrecht (Art.20/Abs 4). Was das bedeuten würde, kann man sich leicht ausmalen. Deshalb muss alles getan werden, dass es gar nicht erst soweit kommt.
Ich muss sagen, dass ich mittlerweile doch etwas beruhigt bin, denn die Reaktionen waren ja eindeutig und fast einhellig. Gejubelt hat nur eine kleine Minderheit. Nach diesen breiten, massiven Protesten, denke ich, wird sich so etwas so schnell nicht wiederholen. Langfristig ausschließen kann man es mit Sicherheit nicht.

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